stechlin-magazine no1 endlich haben wir es geschafft! wir präsentieren mit dem heft unseren, teilweise langjährigen unterstützern, begleitern, beratern, freunden, fans, zweiflern und weltverbesseren dieses erste magazin. wir wollen teilen, wie in den letzten 4 jahren aus einer überzeugten idee wirklichkeit bzw. lebendi- ges wurde. ermüdet vom kunstsystem, das sich selbst im kunstmarkt erschöpfte, wollten wir jenseits von quantifizierten objekten einen ort schaffen, an dem begegnung, künstlerisches denken neue perspektiven schafft. multiple sklerose neuerkrankte wollten wir eine vierwöchige wohngemeinschaft mit künstlern ermöglichen, um sich selbst, andere, neue bzw. eigene perspektiven auf ein "gesundes" leben mit der krankheit zu finden. unser idealismus, überzeugung und naivität war die beste melange für unseren mut dieses projekt anzugehen. da wir der auffassung waren gesellschaft braucht eine wis- senschaftliche rechtfertigung dies "künstlerischen" ansatzes, wollte romy promovieren. eine reduktion der idee auf einen aspekt der wissenschaftlich zu bearbeiten ist, das projekt in axiome zerteilt und in regeln packt, war romys freiem geist schlußendlich zu eng. wir stellen das damals verfasste epose allem voran, da es die zugrunde liegende idee ziemlich auf den punkt bringt. also wer sich den spaß, die mühe machen oder einfach mehr verstehen will hätte beim lesen seine chance. wir wollten ganz praktisch was verändern und dami herausfinden wie viel offenheit und freiheit gesellschaft verträgt und unterstützt. es ist wichtig das man was tut. also haben wir den perfekten ort gefunden. ein haus dazu auch. die forst brandenburg hats der stiftung edith maryon verkauft. wir haben einen verein und eine gemeinnützige gmbh gegründet um das grundstück zu pachten. vieles hat geklappt und unsere fehler haben wir natürlich erst im nachhinein festgestellt, doch wie anders sollten wir lernen. und so wächst das projekt mit uns und den menschen. wir konnten auch 2015 besondere leute für unseren ort begeistern und hoffen mit diesem heft unsere freude zu teilen. für das stechlin-institut romy & stef richter
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1 editorial 2/3 autoren/inhalt 4/5/6/7/8/9/10/11 romy richter stechlin-institut – ein exposé 12/13 gut neu roofen 14/15/16/17/18/19/20/21 gut neuroofen 2012 – der verkaufszustand 16/21/22 dr. phil. thomas latka raumphilosophie (auszug) 22/23 gutshaus neuroofen 2014 – die 1. entkernung 24/25 gutshaus neuroofen der entkernte dachstuhl 26/27 gutshaus neuroofen das entkernte treppenhaus 28/29 gutshaus neuroofen der verwilderte garten 28/30 alexander gosztonyi raum und raumstruktur als "schwingungs"-phänomen 30/31 gutshaus neuroofen der park 32/33 gutshaus neuroofen bereit 34/35/36/37 stechlin-institut farad-gang – die ersten gäste 38/39/40/41/42/43/44/45/52/53 stechlin dialoge i die weissenseeer und die ms-peers 38 r+s richter stechlin dialoge 2015 40 r+s richter selbstwirksamkeit und kontingenz-kompetenz aus künstlerischem denken 42/44 r+s richter das stechlininstitut als künstlerische praxis 46/47/48/49/50/51 stechlin-institut das sommerfest 54/55/56/57/58/66/68/67/68/69 stechlin dialoge ii öffentliche gestaltungsberatung 54/56/58 theresa kampmeier gleich danach – wenig später – heute 63 frieder bohaumilitzky hyperaktive lähmung 70/71/72/73 schuppen gutshaus neuroofen die architekten, das schuppendach und der holzbackofen 74/75 2016 theremin, neuroplastizität & superbrains 77 addendum, impressum
4 vorausgesetzt dem gedanken in der kunst zu promovieren, wird vornehmlich kritisch begegnet. wissenschaftlich zu arbeiten widerspricht dem non-linearen, chaotisch-kreativen, man könnte sagen heuristisch prozesshaften denken bildender künstler, da es so schwer in sprache zu zerlegen ist. die ästhetik versucht die kunst dem denken gleichzusetzen, doch der prozess des kunsterzeugens, als relationale folge künst- lerischen denkens, bleibt im dunkeln. dennoch, eben oder genau darum, möchte ich promovieren: ich möchte heraus- finden, ob künstlerische prozesse und methoden für spezifische gesellschaftliche fragestellungen urbar gemacht werden können. krankheit als sich leiblich ereignendes, entzieht dem selbstentwurf die souveräne grundlage. der scheinbar radikale einruch eigenen leibseins in das eigene leben, überschreitet gesetzte selbstentwürfe in befreiende ambivalenz von natur- und kontingenzerfahrung. da ich bereits seit zwanzig jahren mit der diagnose einer unheilbaren krankheit lebe und bis 2010 körperliche defizite weitestgehend kompensieren konnte und sich so mein leben also äußerlich „normal“ vollzog, katapultierte mich die erfah- rung der sekundären progredienz der erkrankung, erneut und radikal aus dem bis dato gelebten status quo. meine künstlerische arbeit hat sich in korrelation zu leibes- und gesellschafts- erfahrung verändert – ist intrinsischer und aktionistischer geworden, wie auch zunehmend unverwertbar. die relation zu markt und 'invalidität' öffnete meine künstlerische position hin zu dem bedürfnis gesellschaftlicher teilhabe. so stellt sich mir die frage: was kann die kunst. ist ihre teilhabe an gesellschaftlichen prozessen utopie? lässt sich des potential des künstlerischen denkens transpo- nieren? ich werde im folgenden vorerst hypothetisch und subjektiv argumentieren, um meinen standpunkt frei entwickeln zu können. herangehensweise innerhalb dieses abstracs versuche ich die methode zu skizzieren, mit der ich eine wissenschaftliche annäherung an die frage unternehme, inwiefern künstlerische praxis im sozialen feld und insbesondere für die arbeit mit chronisch kranken gel- tend gemacht werden kann. beginnen werde ich mit einem kurzen überblick über die entwicklung sozial engagierter kunst bzw. dialogischer kunst. anschließend schreibe ich über deren reflektion innerhalb der ästhetik. im zweiten teil versuche ich mich krankheit als erfahrung zu nähern. hierbei bildet die leibphilosophie die folie meiner überlegungen. im dritten teil sollen künstlerisches denken/handeln und die erfahrung des kranken, als jeweils spezifische kompetenzen, auf schnitt- stellen hin untersucht werden. abschliessend gibt es eine kurze einführung in den künstlerisch-praktischen teil der geplanten dissertation. i. kunst und gegenwart die global erschütternden krisen des letzten jahrzehnts, blieben selbstverständ- lich nicht ohne konsequenzen für kunst und kultur. die eskalation der ökonomi- schen machtprinzipien innerhalb des kunstsystem an wenige player begründet die zunehmende ressourcenknappheit der kunstschaffenden. daraus resultierte die verschiebung von kunstwerkschöpfung zu –wertschöpfung. kunst ist funktion des ökonomischen prinzips / marktes -> kreative prozesse und deren ästhetische prinzipien unterliegen profitansprüchen die künstl. pro- zesse quantifizieren. zweckfragen bestimmen die neukonstituierte kunstproduktion. innerhalb dieses systems gibt es für künstler die alternative sich in ihrer produktion an den spekulativen märkten zu beteiligen oder sich im glauben an die kunst zu 'potlatchen'. die in der moderne errungene emanzipation bzw. freiheit von kunst und künstler wird ironischerweise opfer der freiheit der märkte(?) für die masse künstlerischer produktion wie sie auf den internatio- nalen messen anzutreffen ist, scheint jedoch zu gelten, dass die in der moderne errungene emanzipation bzw. freiheit von kunst und künstler zum opfer der freiheit des marktes geworden ist. kunst und gesellschaft der konzentration der bildenden kunst um den kunstmarkt (als ho- rizont künstlerischen schaffens) folgt auf gesellschaftlicher ebene eine quantifizierung der kunsterfahrung. in anbetracht der wertmassstäbe des marktes verblassen begriffe wie freiheit und kritikalität, die mit dem künstler assoziiert sind, zur 'figur-ohne-grund' eines romantischen, künstlerischen ideals. kapitalistische prinzipien als aspekte des kunstsystems verdrän- gen freiheit und wirken formierend. das betrifft museen, galerien, sammler, kuratoren, kritiker wie künstler gleichermaßen. die kon- sequenzen für die (rede-)freiheit der kunst beschreibt eduard beaucamp: "der markt beherrscht den kunstgeschmack und drängt robust und nahezu ungefiltert in die museen. über dem ökonomi- schen und gesellschaftlichen konsens hat sich auch ein zweifelhafter ästhetischen konsens befestigt, der über sponsoring und privates sammelwesen die museen in beschlag nimmt. die öffentlichen häu- ser werden gern als vergrößertes schaufenster und als werbefläche genutzt. manche museumsausstellungen zeitgenössischer künstler werden von händlern und sammleragenten in fast eigenmächtiger regie in szene gesetzt. eine vorschnelle musealisierung zeitgenös- sischer kunst hat ihre überschätzung und verteuerung befördert." auch über die direkten distributionskanäle hinaus ist kunst längst als machtpolitischer hebel eingeführt und hat sich, neben seiner funkti- on als solidem anlageprodukt, auch noch als weicher standortfaktor bewährt gemacht. insgesamt lässt sich das tiefe eindringen marktwirtschaftlicher prin- zipien in die künstlerische praxis als bedrohung für die diversität, den reichtum und die freiheit der kunst fassen. ein prozess der letztlich auch durch die künstler selbst befördert wurde. künstler mit aller vorsicht, behaupte ich im interesse der hier zu entwickeln- den hypothese drei etablierte formen des künstlers. provokativ aber ohne wertung: kunstwertproduzent (der global player und galerie- arbeiter) – kunstwerkproduzent (der intrinsisch kunstschaffende) – der kunstwerker (der akteur/ironiker (im rortyschen sinn) / ge- sellschaftskritiker (der revoluzzer) / der atmosphärenproduzent). ich wage diese pauschalisierung, um das feld zu ein bzw. auszugrenzen, in dem ich mich bewegen möchte. ((entweder formalistisch autonom oder inhaltistisch politisch kategorie ranciere)) "gesellschaftlich engagierte" kunst "all artists are alike. they dream of doing something that's more soci- al, more collaborative, and more real than art." dan graham der entwicklung künstlerischer praxis von der verfertigung von ob- jekten hin zur direkten argumentation in gesellschaftlichen räumen liegt eine ca. hundertjährige geschichte zugrunde. auch wenn inner
halb der dissertation kunsthistorische methoden nicht bemüht werden, möchte ich an dieser stelle einen kurzen überblick in die genese sozial-engagierter kunst geben, auch um meinen weg von kritischer kunst zu gesellschaftlich engagierter kunst transparent zu machen: der erste impuls von künstlern, direkt in gesellschaft wirkmächtig zu werden, setz- te mit den wichtigsten politischen umwälzungen des 20. jahrhunderts ein. die ideen der russischen futuristen haben die pläne des erstarkenden kommunismus mit der vorstellung flankiert, als künstler aktiv an der gestaltung des „neuen men- schen“ teil zu haben. eine reihe von künstlern, unter ihnen majakowski, malevich, krutchonych, chleb- nikow eilten der politischen klasse mit ihren visionen voraus, bis sie schließlich von den machtpolitischen veränderungen eingeholt wurden und viele von ihnen opfer der „säuberungen“ des sich nun manifestierenden systems wurden. in diesem klima internationaler bewegung stand auch das bauhaus (ab 1919), suchte aber entsprechend einer zentraleuropäischen verortung nach anschlüs- sen der kunst an lebenspraktische, funktionale felder des modernen lebens. die transdisziplinarität war das zentrale merkmal der einbindung von kunst ins tägli- che leben. zunächst in handwerklichen, später in industriellen produktionsme- thoden wurde der kunst, wie beispielsweise der architektur oder dem design, ein wesentlicher stellenwert in der prägung einer fortschrittlichen gesellschaft einge- räumt. und in regelmäßigen zyklen wird sich auf das erbe des bauhaus besonnen, insbesondere dann, wenn nach dem historischen modell eines fortschrittlichen und integrativen kunstbegriffs gefahndet wird. die strahlkraft des bauhaus ist auch durch die internationale verbreitung seiner ideen zu verstehen, die durch die immigration einiger lehrer in die usa am „new bauhaus“ und am „black mountain college“ geleistet wurden. für das europa der nachkriegszeit sind die situationisten / lettristen ab dem ende der 50er jahren die wichtigsten referenzfiguren. mit der betonung auf die freiheit der kunst und einer bewussten absage an die produktion von genuinen kunst-ob- jekten bereiteten sie den boden für die sicher reichste zeit politisch-gesellschaft- lich orientierter kunstpraktiken der späten 60er und frühen 70er jahren – sowohl in europa als auch in nord- und südamerika. künstler versuchten von nun an direkte teilhabe in unterschiedlichsten gesell- schaftlichen feldern einzufordern. ob mit vorschlägen zum britischen bildungs- system durch die artist placement group (barbara seveni / john latham) oder politisch – ökologischem aktivismus in deutschland durch beuys, bis hin zu thera- peutischen ansätzen bei lygia clark in argentinien. auch wenn die aktionen und praktiken oft kaum dokumentiert wurden, ist die liste sozialaktivistischer künstler lang und es nimmt einen zuweilen wunder, wie wenig dieser impulse die 80er jahre überleben konnte. in der tat brachten die 80er einen backlash mit sich, der sich nur durch das erstarken eines internationalen kunstmarkts begreifen lässt und seinem hunger nach kommensurablen produkten, nach handelbarer ware. nach den stark politisierten 90er jahren, die das kunstfeld in neue diskurse hi- nein öffnete und post-colonial-studies, urbanism, gender-studies, environemental politics einem interessierten kunstpublikum angedeihen lies, war es der boom der nullerjahre mit den ungeheuren geldmengen aus dem finanzmarkt, der nach neu- en bildern und skulpturen verlangte, die sozial engagierte kunst aber nie gänzlich zum verschwinden bringen konnte. heute rund hundert jahre nach den russischen futuristen, beginnt sich eine wach- sende zahl von künstlern, wieder sehr bewusst und sehr aktiv in soziale felder zu begeben. mit einem großen misstrauen der polischen klasse und der macht des kapitals gegenüber, nähert sie sich grassroot-movements an, operiert auf lokaler ebene in den cmmunities und bringt ihre kompetenz in bestehende strukturen ein.1 1 nato thompson, living as form: socially engaged art from 1991-2011 fearless and brave, my boy. just like albert libertad, who during the belle epoque was a disabled rebel. he started a riot anywhere. with his crutches he stormed any political meeting. he got up on stage, sat himself down and used his crutches to break the legs of anyone trying to remove him. he made deserters out of soldiers. he sang out in the streets and in the shops. “stop all useless activity!” he burned any passport he got his hands on. he stormed churches, while in service and called the priest a bastard. and all the visitors dumb sheep. he destroyed cemeteries, rebelled against fear of dying and the cadaver cult. he mocked the middle class by living with the nuns. long live albert libertad.
6 kunst und denken/handeln künstler verfügen über ein hohes maß an non-linearem, reflektivem, kritischem den- ken.2 methodisches abstraktionsbewusstsein skizziert künstlerische–intellektuelle fähigkeiten, die aus intrinsischer motivation bildnerische prozesse anstoßen können. der erfolgreiche künstlerische schaffensprozess setzt im besten fall einer starken ver- bindung zum 'eigenen/selbst voraus3 . um sich die leidenschaftliche phantasie eines kindes (elias) zu erhalten, entlässt künstlerisches handeln im besten fall jede form von zweckhaftigkeit. die freiheit grenzüberschreitenden denkens mit seinen provo- kationen führt oft dazu, dass künstler sich freiwillig außerhalb des zentrums der ge- sellschaft und höchst unwillig in horizontalen hierarchien verorten. konstitutiv dafür, sich unentwegt herauszufordern ist ein hohes maß an autonomie4 und die absage sich hegemonialen strukturen zu unterwerfen. mit subversion, einem guten maß fröhlichen dilettantismus und neugier, sowie einem hohen grad an einsamkeitstoleranz, schöpft sich der künstlerische akt aus sich selbst – in einsamkeit. kunst und erkenntnis/erfahrung (wird noch präziser.....) einsamkeit (levinas) – erfahrung kunst -> das andere der kunst aus eigenem –> die selbstverdopplung in schaffensprozess folgende philosophen scheinen mir für mein thema wichtig zu sein: john dewey (1859-1952) dewey in 'kunst als erfahrung': "da sich der künstler in besonderer weise, denjenigen phasen der erfahrung zuwendet, in denen eine einheit zustande kommt, wird er den momenten der widerstands und der spannung nicht ausweichen. eher noch pflegt es sie – nicht um ihrer selbst willen, sondern wegen ihrer möglichen wirkung – und bringt so eine einheitliche und umfassende erfahrung zu lebendigem bewußtsein." pragmatische ästhetik: "ein kunstwerk wird zu ästhetischer erfahrung, wenn es im rezipienten eine erfahrung auslöst, es soll von einer wechselseitigen erhellung der funktionen kunst und erfahrung auszugehen sein. das kunstwerk bestimmt und ent- faltet die werte der interaktion des menschen mit seiner umwelt und führt zum einen zu einer steigerung des daseinsgefühls, zum anderen zu einer wachsenden intellektu- ellen durchdringung der daseinsbedingungen." alain badiou (1937) kunst als singuläre denkart und zugleich als wahrheitsverfahren »in-ästhetisch ist für mich eine beziehung der philosophie zur kunst, der in keiner weise die absicht zu grunde liegt, kunst, die aus sich selbst heraus wahrheit hervor- bringt, als objekt für die philosophie einzusetzen. entgegen der ästhetischen speku- lation beschreibt die in-ästhetik allein die aus der unabhängigen existenz bestimmter kunstwerke hervorgehenden intraphilosophischen wirkungen.« gernot böhme (1937) : böhmes pragmatische sicht der leibphilosophie setzt den schwerpunkt auf die praktischen konsequenzen der leibwahrnehmung für das menschliche fühlen, denken und handeln. leiblichkeit ist nach der auffassung böh- mes ein bereich, „der primär über die praxis erschlossen werden muss“28 jaques ranciere (1940) wie kann kunst widerstand sein bzw. wie kann das kritische potenzial der kunst im politischen wirken? ästhetische erfahrung ordnet das politische neu. ii. krankheit und gegenwart "vorbeugung und behandlung von krankheiten sind im 20. jahrhundert besser or- ganisiert als je, wie ungenügend sie auch noch sein mögen. die pazifizierung im in- nern (hochorganisierter) gesellschaften, der schutz des einzelnen vor staatlich nicht lizenzierter gewalttat, wie auch vor dem verhungern, hat ein ausmaß erreicht, das die vorstellungskraft von menschen früherer zeiten übersteigt." gesundheit wird als etwas gegebenes genommen, sie ist der reguläre zustand. mit der verfügung des staates über das leben seiner bürger, hat sich das selbstverständnis der garantierten körperlichen verfügbarkeit etabliert. krankheit, als das sich willkürlich ereignende, hat mit der erfolgreichen humanmedizin und der damit einhergehenden quantifizierung des menschlichen körpers ihre bedroh- lichkeit verloren. "man geht zu arzt und der macht einen wieder gesund." die illusion des im griff-habens wird spätestens relativiert, betrachtet man sich die statistiken zu chronischen, also unheilbaren krankheiten. laut „gesundheitsbericht 2006“ der bundesregierung leben in deutschland schät- zungsweise vier millionen diagnostizierte diabetiker, jede fünfte frau und jeder siebte mann leidet an chronischen rückenschmerzen, über 400.000 personen erkranken jährlich an krebs und fast ebenso viele versterben an einer krankheit des herz-kreis- 2 vergleiche gernot böhme in 'anthropologie in pragmatischer hinsicht` 'obliques' denken 3 als notorische querdenker, mit ungewöhnlicher fähigkeit an probleme und herausforderungen heranzugehen prof. ursula bertram bezeichnet künstler und engagiert sich seit mehreren jahren an der tu dortmund, mit dem ausgezeichneten projekt " id-factory" für eine transgression von kunst und wirtschaft. 4 der innere feind, der mit dem fremden identisch ist, ist jener anteil im kind, der verwirkt wurde, weil mutter oder vater oder beide ihn verwarfen, weil sie das kind ablehnung und strafe erleben ließen, wenn es auf seiner eigenen sicht bestand. ich sage "wahr", weil die frühesten wahrnehmungen eines kindes auf seinen empathisch erlebten perzeptionen beruhen und deshalb nur wahr sein können. arno gruen, "der fremde in uns", s. 22
8 5 "autonomie, wie ich sie verstehe, ist ein ganzheitlicher zustand, in dem sich die fähigkeit verwirklicht, im einklang mit den eigenen bedürfnissen und gefühlen zu leben.“ - der wahnsinn der normalität. 6 norber elias "die einsamkeit des sterbenden" s.16 7 michel foucault: von der souveränitätsmacht zur macht über das leben - bio macht etc. 8 "wir leben in einer zivilisation, die durch leibvergessenheit bestimmt ist. gesundsein heißt wesentlich: sich nicht spüren, den leib vergessen können. der grund liegt in der instrumentalisierung des leibes. der leib ist körper, ein vehikel des lebens- vollzugs, ein instrument der gesellschaftlich geforderten leistungen."gernot böhme: "mit krankheit leben", s.16 9 platon, phaidon, in: sämtliche werke bd. ii, hamburg 1994 10 diese 'sich entziehende' fremdheit verweist auf das unbekannte, über daß man nicht verfügen kann. 11 gernot böhme, "leibsein als aufgabe- leibphilosophie in pragmatischer hinsicht", 2003, s. 244 12 gernot böhme, 'mit krankheit leben', s.28 13 friedrich nietzsche, "friedrich nietzsche, "morgenröte. gedanken über die moralischen vorurteile", 114. von der erkenntnis des leidenden, 14 emmanuel levinas: "die ganze schärfe der leidens legt in der unmöglichkeit des ausweichens.…die tatsache, in das leben und in das sein hinein in die enge gerieben zu sein. in diesem sinn ist leiden die unmöglichkeit des nichts", 'die zeit und der andere', montpellier 1979 15 gernot böhme,'mit krankheit leben', s.141 16 ebd. s.71 17 gernot böhme: 'mit krankheit leben' " 18 viktor von weizäcker, einführung des subjekts in die medizin", 1980, s.346 19 ebd, s.85 schatzalp davos die villa guarda wurde im jahr 1907 gebaut. in thomas mann’s zauberberg wurde sie als das ‚ärztehaus‘ beschrieben. franco basaglia (* 11. märz 1924 in ve- nedig; † 29. august 1980 ebenda) war ein italienischer psychiater. basaglia machte die katastrophalen zustände in den ita- lienischen „irrenanstalten“ bekannt und erreichte 1978 deren schließung. der italienische psychiater erregte europaweit aufsehen durch eine mutige, aber heftig umstrittene reform: er und seine schüler erreichten 1978 ein gesetz, das die abschaffung der gefängnisar- tigen irrenhäuser in italien vorsieht. die psychopatienten sollen danach in allgemeinen krankenhäusern oder ambulant behandelt werden. als direktor der heilanstalt in goerz, und später in triest hatte basaglia in den sechziger und siebziger jahren die rückkehr internierter patienten ins normalleben gefördert. viele patienten zogen in wohngemeinschaften. "freiheit heilt", hieß die maxime seiner bewegung
lauf-systems. damit leiden laut angaben des ro- bert-koch-instituts und der kommission gesund- heitsberichterstattung aktuell mehr als 20 millionen deutsche an chronischen erkrankungen. krankheit und gesellschaft krankheit und sterben sind weitgehend von der gesell- schaftlichen oberfläche verschwunden. allen inklusi- onswünschen zum trotz besteht eine leise segregation – oder viel mehr eine gesellschaftliche sprachlosigkeit. das vokabular im umgang mit krankheit und (speziell) mit tod ist verloren. die allgemeine örtliche krankenkasse nennt sich seit einiger zeit ”gesundheitskasse“ und auch elias be- schreibt in seinem band ”über die einsamkeit des ster- benden“ eine broschüre der friedhofsgärtner, welche marketingpsychologisch optimal der mentalität des ad- ressierten kunden angepasst ist. ”das schweigen über die bedeutung von gräbern als beerdigungsplätzen to- ter menschen ist dementsprechend beinahe total. aus- drückliche hinweise darauf, daß die berufsarbeit der friedhofsgärtner etwas mit der begrabung eines leich- nams zu tun hat, fehlen verständlicherweise völlig.” leben ist kostbar und kurz. oder präziser: „vitales“ le- ben ist kostbar, kurz. der entfremdende körperkult des menschen steigert sich bis in den eingriff in die eigene organische konsti- tution. (unsterblichkeit) "gesundheit" ist assoziiert mit "leistungsfähigkeit" und infantiler leibvergessenheit.8 leib ist als -animal- des menschen schon seit anbe- ginn der geschriebenen kultur (in platons psychologie findet sich eine strenge trennung von seele und leib9 ) abgespalten. der leib erfährt im christentum das stig- ma des sündigen und schwachen. krankheit wird in diesem zusammenhang mit strafe kausalisiert. so schafft gesellschaft kategorien, um die routinen des sozialen verkehrs zu stabilisieren. die stigmatisie- rung betrifft personen, deren eigenschaften von ge- wohntem, wünschenswertem abweichen. die scham des kranken korreliert mit gesellschaftlichen peinlich- keit und betroffenheitsgefühlen, also der hilflosigkeit der gesunden. trotz faktischer teilhabe durch forcierte inklusion ins soziale leben, bleiben kranke im sprach- losen gesellschaft und ihrem quantifizierendem ge- sundheitssystem isoliert und stumm. krankheit und natur- & leiberfahrung krankheit tritt objektiv und subjektiv hervor durch leistungsminderung und schmerzen. krankheit durch- dringt leben durch disfunktionalität des eigenen quan- tifizierten körpers, der erst so als leib erfahren wird. der leib steht für den physischen wirklichkeitsbezug des subjekts. die diagnose einer schwerwiegenden krankheit ist der einbruch des radikal anderen. die erschütternde erfahrung seines leibes, also seiner natur – als das sich ewig entziehenden 'grosse' ande- re10 - ausgeliefert zu sein, entlässt das schon angelegte bewusstsein in die ambivalenz (als befreiender pers- pektivwechsel) der 'eigentlichkeit' "heidegger meint, dass das dasein zwar wählen kann, wie es sein leben konkret (existenziell) gestaltet, je- doch des wählen-müssens kann es sich nicht entle- digen." doch verlangt das gerade nicht passive hingabe, son- dern aktive an- bzw. übernahme der verantwortung des eigenen lebensentwurfs unter anderen vorzeichen. "leben ist die ständige restabi- lisierung eines gleichgewichts unter irritierenden umweltbedingungen."11 das leiblichen versagens fordert vom kranken normative physischer integrität zu relativieren und wenn nötig zu suspendieren. krankheit als störung und beeinträchtigung des lebensflusses zu betrachten, wird klar durch die betrachtung einschlägiger statistiken relativiert: gesundheit ist der ausnahme- zustand. oder wie es durch die who bezeichnet ist: gesundheit ist die abwesenheit von krankheit. statistisch und in wirklichkeit wird jeder früher oder später krank. krankheit ist gestern wie heute aspekt des normalen lebensvollzugs. "in jeder krankheit wird man mehr oder weniger daran erinnert, dass leben nicht selbst- verständlich ist, vielmehr stets gefährdet, ein gleichgewicht, das von moment zu moment stabilisiert werden muss."12 krankheit und erkenntnis nietzsches einsicht in den 'zustand kranker menschen, die lange und furchtbar von ihren leiden gemartert werden und deren verstand trotzdem dabei sich nicht trübt, nicht ohne wert für die erkenntnis ist', schließt mit der offenbarung des christlichen religionsstifters über den wahn seines lebens.13 die grundlosigkeit des ins 'nichts gehaltenen' seienden als gleichzusetzende kontingen- zerfahrung gegenüber des ausgeliefert-seins an eine sich vollziehende unmöglichkeit dem leiden zu entgehen.14 die erfahrung dem leib (somit dem tod) ausgeliefert zu sein, ist konfrontation mit eigener endlichkeit. diese grenzerfahrung fordert vom individuum beides zu integrieren. tatsächlich eröffnet (das konzept) der kontingenz freiheit erst in der hingabe an die banalität des seienden. entwicklung besteht "gerade darin, die of- fenheit auszuhalten."15 spaltung ich-leib der von anderen als oberfläche erfahren / in sich gefangen körper feind "…man muß sich wegen des unsichtbaren feindes als jemanden begreifen, der anders ist als die anderen."16 krankheitskompetenz "mit der krankheit leben, bedeutet einen lebensentwurf, bei dem man den lastcharakter des daseins nicht leugnet, in dem viel mehr das gute leben gerade darin besteht, die last des daseins zu bewältigen.17 böhme spricht von der notwendigkeit des kranken als souverän strategien zu entwickeln, das sich jeweils ereignende zu integrieren und zu 'egalisieren' um es zu kompensieren. diese strategien zu entwickeln erfordern im besten falle selbst-gelassenheit, subversion und kreativität- also (ein)kontingenz gestaltendes bewusstsein ??? "der kernpunkt wäre der formulierte satz, dass ich meine krankheit nicht nur bekommen habe, sondern auch mache und gestalte."18 "souverän ist vielmehr ein mensch, der sich etwas geschehen lassen kann: er kann sich seine schwäche eingestehen und abhängigkeiten ertragen, ohne das dadurch sein selbst- bewußtsein beeinträchtigt wird."19 coping ist der andauernde prozess des selbst im sich vollziehenden leben zu stabili- sieren. der kranke erkennt sich als nicht mehr handlungsunfähig an, im moment der souveränen krankheitsübernahme. der erfahrung der einsamkeit wie oben beschrieben gilt es mit dem status quo der au- tonomie des leibseins zu identifizieren, also könnte man sagen kompetenz liegt in der positiven erfahrung der einsamkeit (des leibseins). dennoch bedeutet die diagnose für den chronisch erkrankten ein radikaler einschnitt, der den ihn an den rand der gesellschaft treiben kann. inklusion scheitert hier als inkom- patibilitätsproblem der modernen differenzierungsform der gesellschaft, die in gewisser weise behinderung 'hervortreibt' und zum problem macht. krankheit und leibphilosophie (wird noch präziser.....) dieser abschnitt ist bisher nur bruchstückhaft angelegt, entwirft aber die perspektive der auseinandersetzung. naturphilosophie ursprung in griechenland, der kern der philosophie des geistes ist das leib-seele-problem. die phänomenologie husserls als grundlage für aufkommende pragmatische leibphilosophie im 20jhd. mich interessiert hier wie sich ontologische per- spektive in pragmatischer hinsicht in eibeziehung des leibes erweitert hat.
10 maurice merlau-ponty (1908-1961): nach merleau-ponty ist der leib nicht körper, dem ein geist gegenübersteht, sondern an sich belebt und beseelt. er setzt sich deut- lich von der descartschen sicht ab… hermann schmitz (1929): schmitz führte 1969 die persönliche situation eines men- schen, seine leibliche disposition und betroffenheit in die ästhetische arbeit ein – es kam einer revolution gleich. die ästhetik nach traditioneller auffassung als theorie der kunst, als »geschmackslehre« oder »urteilsästhetik«, die das schöne und erhabene beurteilen soll, bleibt hier auf der strecke. er beschrieb gefühle als leiblich ergreifende mächte, die räumliche atmosphären schaffen, und führt den menschen zurück zur nor- malen lebenserfahrung. damit prägte schmitz auch das weitere vorgehen in der neuen phänomenologie und ästhetik. gernot böhme (1937) : böhmes pragmatische sicht der leibphilosophie setzt den schwerpunkt auf die praktischen konsequenzen der leibwahrnehmung für das menschliche fühlen, denken und handeln. leiblichkeit ist nach der auffassung böh- mes ein bereich, „der primär über die praxis erschlossen werden muss“28 hilarion petzold (1944) petzold spricht wie merleau-ponty und husserl von der inten- tionalität des leibes, der durch seine sinnenausstattung auf die welt gerichtet ist und mit dieser in einer permanenten ko-respondenz steht; er ist relational = bezogen (auf etwas) = in beziehung stehend = nicht unabhängig = abhängig von der (belebten und unbelebten) umgebung und abhängig von den beziehungen der eigenen leiblichen funktionen (bewusstsein, erinnern etc.). iii. synthese: kunst und krankheit künstler und kranke verbindet eine spezifische distanz zu gesellschaftlichen prozes- sen. diese korrelation des pathischen20 eröffnet das potential ihrer begegnung. kunst als kritische erkenntnis aus prekärerer wahrnehmung (prekärer blick / gesell- schaftsprozesse erkennen). der sogenannte blick über den tellerrand ist total. der sündige sehende mensch, der qual der selbsterkenntnis ausgeliefert. krankheit als die prekäre leibliche erfahrung und der umgang damit (prekärer leib / leben gestalten) die konfrontation mit der eigenen endlichkeit ist total. der kranke mensch, ausgeliefert an das sich radikal vollziehende selbstsein/leibsein. das leibsein vermögen = krankheitskompetenz - copingkompetenz das spezifisch erkennen = selbstkompetenz - copingkompetenz in ihrer spezifischen selbstkompetenz sind künstler und kranke gleichzusetzen kontingenzbewältigung – ein versuch wesentlicher aspekt der dissertation wird die erarbeitung zugrundeliegender begriffe meines ansatzes sein, die im folgenden nur angerissen werden. a.) ich adaptiere arno grüns verständnis21 des eigenen bzw. des selbstkonzepts im sinne der wahrnehmung und des wissens um die eigene person. dazu gehört, sich persön- licher eigenschaften, fähigkeiten, vorlieben, gefühle und verhalten bewusst zu sein. sein verständnis von wirklicher autonomie als zustand, in welchem der mensch sich in voller übereinstimmung mit seinen gefühlen und bedürfnissen befindet22 , schafft den horizont meiner idee von autonomie. einsamkeit, als derivat von freiheit23 , ergibt sich aus der von mir behaupteten konver- genz der philosophien böhme/levinas: (grundkonstellation böhme/leibsein => levin- as: subjektsein) in der ambivalenz, des in sich ausgeliefert seins24 "man kann zwischen seienden alles austauschen, nur nicht das existieren. in diesem sinne heißt sein, sich durch das existieren25 isolieren. insofern ich bin, bin ich monade."26 b.) der künstler: als experte der ambivalenz des eigenen (= freiheit / isolation) wird als erkennender und widerständiger adressiert -> der andere blick auf gesellschaftliche prozesse -> kritikalität als das form des pathischen emergiert im prozess des kunst- schaffens im sinne der selbstverdoppelung als möglichkeit der kontingenzbewältigung? der kranke: emanzipation des eigenen aus der erfahrung des radikal anderen(endlich- keit)27 – aus kontingenzbewußtsein annahme des eigenen –erkenntnis der autonomie im '(ge)lassen' der eigenen endlichkeit -> als möglichkeit der kontingenzbewältigung? c.) der ansatz von kontingenzbewältigung als zu gestaltende hingabe verweigert eine vo- rauszusetzende bindende methodologie28 . selbstsein (levinas) / leibsein (böhme). widerstand, im besten sinne des dilettantismus', weil jede vorausgesetzte anleitung erfahrung verändert .
iv. vermittlung sprache ein wesentlicher aspekt der dissertation liegt in der entwick- lung der sprache und begriffe, die den rahmen dieses versuchs bilden. ich will nachvollziehbar machen, wie künstlerisches denken/handeln erkenntnis prägend für die erfahrung von leib, einsamkeit, kontingenz und selbstkompetenz, sein kann. wie können erkenntnisse für die arbeit im sozialen kontext, die aus dem spezifisch künstlerischen denken/handeln kommen, argu- mentiert werden? (als beispiel für spezifische sprachentwicklung im kunstfeld könnte jene im umfeld politisch motivierter kunst stehen, die sich über die jahre ein stabiles set an vokabularen erarbeitet hat). zentrum für selbstkompetenz / kunst im gesellschaftlichen kontext / kontingenzbewältigung institut für kontingenzbewältigung (arbeitstitel) allem voraus, die dimension dieses projekt, setzt kooperation im praktischen voraus und ist so angelegt. ich kollaboriere seit 2003 mit stef richter unter burghard, da ich physisch spe- zifische praktische aufgaben nicht mehr ausführen kann. unter burghard werde ich dieses projekt initialisieren, die konzepti- on und dissertation werde ich allein absolvieren. retraite ein abgeschiedenes haus, ca. 80 km außerhalb von berlin, inf- rastrukturell gut angebunden, bietet den ausgangspunkt meines vorhabens. dort30 wird das projekt initiiert, in dem wir vorerst mit bildenden künstlern, später mit chronisch kranken temporär leben. gemeinsam mit den künstlern wird der ort hinsichtlich der parameter a.) des eigenen b.) der hingabe und c.) des end- lichen entwickelt. a.) wir etablieren mitten im brandenburgischem wald unser ei- genes geistiges ökosystem als grundlage und zur differenzierten ausrichtung unseres denkens im gesellschaftlichen feld - als künstler. zeitgenössisches denken, reflektion in bezug auf das provinzielle, das entlegene, das rurale, aufgenommen für die intensivierte begegnung mit den eigenen31 , reflektierte positio- nierung, realitätsbezogene handlung. b.) es wird keine andere aufforderung geben, als anzukommen. die offenheit, als bedingung des sich–seins32 , um grenzen und begegnung zu finden. in der besinnung hinwendung – der hin- gabe sich selbst ausgeliefert und doch leiblich geborgen, d.h. in der gruppe sein, schafft den raum für die bewältigung der eigenen existentiellen frage. prozessbegleitung gedacht, als 'wärmender, menschlicher'33 beistand gegen das alleinsein. diese haus wird ausgebaut und entwickelt bezüglich sensibler grenzbedürfnisse der protagonisten, also dem einzelnen, in sei- nem individuellen bedürfnis zu–sein raum gibt und gleichzeitig sublime öffnung und interaktion ermöglicht. die kunst wird sein, den ort bzw. raum des hause zu denken und zu formulieren. dieser prozess ist nicht abzuschließen, weil er sich mit jeder persönlichkeit neu er- schafft. die kunst in diesem sinne ist kein ästhetisches problem, sondern ein problem des denkens, das sich ästhetisch formuliert. institut für das institut möchte ich, dass es, ohne die intentionalität meiner autorenschaft auskommt. als person möchte ich mich soweit zurück ziehen um dem 'geworfen-sein' des einzelnen raum an diesem ort zu geben. mit dem wegfall der erwartung und im intermediären stadium des unterwegsseins auf unsicherem terrain, abseits vom alltag, verändert sich der einzelne im kontakt mit dem anderen, in erster linie aber geschieht das im kontakt mit sich selbst. das haus auf der lichtung – mitten im wald - bietet die äußere form, den raum dazu. anders als projekte, die auf einer temporären einflussnahme in soziale kontexte be- stehen (wochenklausur, superflex, thomas hirschhorn, oda projesi), versuche ich mit dem institut kontinuierlich an einem ort zu arbeiten mit der möglichkeit mich an einer praxis dauerhafter präsenz am ort und über den ort hinaus künstlerisch zu wirken. einen ort zu entwickeln, `that has both roots and reach''.34 erfahrung worpswede der praktische teil der dissertation greift unter anderem auf erfahrungen mit stu-die- renden unterschiedlicher kunsthochschulen zurück, mit denen ich (gemeinsam mit raimar stange, nikolai franke und stef richter) 2011 eine einwöchiges semi-nar in worpswede unternommen hatte, als bekannt wurde, dass dieses älteste ar-tist-in-resi- dency programm deutschlands aufgelöst werden wird. wie auch für das institut geplant, gab es für diese zeit keine programmatischen vorga- ben. wir arbeiteten ohne eine vorgefertigte methodik mit dem ziel, ausdruck bezüglich unseres wunsches nach einem adäquaten ort für das denken und die produktion von kunst zu finden. der prozess war begleitet von der notwendigkeit eine „gemeinsame“ sprache zu finden, das eigene im kontakt mit dem anderen, auch für sich selbst formulierbar zu machen –innerhalb einer begegnung ohne voreinstellung und ohne den zwang zum konsens. die entwicklung von selbstkompetenz wurde für die teilnehmer, ohne geplant zu sein, die wichtigste erfahrung des seminars. ablauf der ablauf des künstlerisch-praktischen teils sieht am beginn der arbeit mit dem haus ein ähnliches programm vor, wie ich es bereits in worpswede initialisiert und begleitet habe, erweitert durch die aufgabe, gemeinsam mit anderen künstlern das haus zu dem ort umzuformen, den wir langfristig benötigen. dabei ist auch der kontakt und der austausch mit den menschen der gegend in ei-ner kultur der achtsamkeit entscheidend. entsprechend möchte ich situationen herstel- len, die künstlern die möglichkeit gibt, sich in lokale kontexte einzuarbeiten und die menschen in ihren institutionen, (forst, landwirtschaft, tourismus, fische-rei, jagd, umweltschutz) aufzusuchen um diesem projekt auch die regionale akzep-tanz zu ver- schaffen. das institut wird in der rechtsform eines gemeinnützigen vereins gegründet. die arbeit vor ort wird durch die arbeit in berlin unterstützt, deren hauptsächliches ziel im fundraising besteht. dieser teil wird durch stef richter und weitere perso-nen übernommen. ausgehend von drei förderschwerpunkten (kunst, krankheit, struktur- schwacher ländlicher raum) wird lobbyarbeit bei privaten und öffentlichen stiftungen betrieben um dem projekt eine langfristige zukunft zu gewährleisten. selbsterfahrung in hingabe - loslassen in erkenntnis der absurdität29 = selbstverdopplung gefühl(leib) absurdes handeln hingabe/lassen gelassenheit non linearität aus sich heraus treten kontingenzbewältigung selbstkompetenz durch selbsterfahrung entwickelt sicherheit in einsamkeit und selbstsein. erfahrung von freiheit im selbstsein - eigenes (gefühl) / absurdes problemlösen, absurdität
12 neuroofen liegt im waldgebiet zwischen menz und altglobsow unweit von fürstenberg/havel und wird durch das landschafts- schutzgebiet "fürstenberger wald- und seengebiet" umschlossen. ab 1851 begann der neuglobsower glashüttenbesitzer, flächen in der feldmark roofen aufzukaufen. inmitten dieser flächen entstand das gut neu roofen. 1857 entstanden einige wirtschaftsgebäude und 1872 das wohnhaus. das 560 hektar große gut wurde 1896/99 an die preußische forstverwaltung verkauft, die die oberförsterei menz und verschiedene betriebsstätten dorthin verlegte. die ackerflächen wurden aufgeforstet. vormals ein ortsteil der gemeinde menz gehört neuroofen seit 1998 zur gemeinde stechlin. gutshaus neu roofen um 1900
gutshaus neu roofen um 1943 gutshaus neuroofen 2012 gutshaus neuroofen 2015
14 kellergeschoss 2012 haben wir das haus zum ersten mal betreten. vieles erinnerte sehr lebendig an die letzten bewohner. und die davor. und noch die davor. über die hälfte der menschen im dorf haben eine zeitlang im haus gelebt. der dachboden war in 10 kleine, teilweise winzige zimmer aufgeteilt. es war leicht erkennbar, wo des oberförsters kinder schliefen, wo sein arbeitszimmer war, und das bad, daß in die alte räucherkammer eingebastelt war. 15 15
haupteingang und treppenhaus
16 raumphilosophie thomas latka die philosophie des raumes fiel im abendland förmlich in den brunnen, als der griechische philosoph thales von milet (um 600 v. chr.) zu den sternen schaute, den boden unter seinen füssen verlor und so in einen brunnen stürzte. seitdem, so pauschal der vorwurf, beschäftigt sich die philosophie mit abgehobenen dingen und weniger mit dem boden unter den füssen der leute. und tatsächlich: der leiblich erfahrbare raum stand bei den philoso- phen durchweg nicht besonders hoch im kurs. spätestens seit descartes trennung von denkender und ausgedehnter substanz (res cogitans und res extensa) im 17. jahrhundert ist der raum ebenso wie der körper abgeschnitten vom denkenden und fühlenden geist. raumphilosophie ist damit eigentlich ein ding der unmöglichkeit. der raum als behälter lange hat die philosophie den raum nur als äusserliches behandelt, und zwar als behälter, in dem sich dinge befinden, die miteinander in bezie- hung stehen. so hat schon thales den raum als weltraum betrachtet und die lage und abstände der planeten zueinander beschrieben. der raum wurde häufig als vorgefundenes und vorgestelltes begriffen und wurde somit zum gegenstand der geometrie und physik. dieses di- mensionale raumverständnis hat dazu beigetragen, dass sich die wis- senschaften auf lokalisierbare merkmale konzentrieren konnten und dem ideal einer vollständig vermessenen welt immer näher gekommen sind. angesichts der zahlreichen wissenschaftlichen entdeckungen und tech- nischen verwertungen war das dimensionale raumverständnis höchst erfolgreich. die philosophie nähert sich dem raum auf zwei ebenen: der raum kann objektiv vermessen werden, und der raum kann subjektiv erlebt und erfahren werden. ein ort kann als einladung wirken, eine gemeinsame atmosphäre her- vorzurufen. der fokus auf dimensionale raummodelle führte dazu, dass der raum häufig nur als randbedingung für soziale prozesse verstanden wurde. so wurde der raum von modernen soziologen wie z. b. des systemtheo- retikers niklas luhmann (luhmann 1984) implizit als vernachlässigbares phänomen behandelt, da genuin soziales gerade nicht über räumliches definiert wurde, sondern über kommunikationsprozesse, die über alle raumgrenzen hinweg ablaufen. das globalisierte internetzeitalter ver- stärkt diesen eindruck, dass reale räume für gruppenprozesse scheinbar zweitrangig sind, da sich online-communities im cyberspace bilden, de- ren mitglieder keinerlei räumliche nähe zueinander haben, aber dennoch enorme wirkungen von ihnen ausgehen. soziale dynamik kommt schein- bar gerade durch die überwindung von raumgrenzen zustande. für eine neue entdeckung des raumes als grundbegriff der soziologie plädiert hingegen die raumsoziologie (löw 2001), die nicht mehr von einem ter- ritorialen, sondern einem sozialen raum ausgeht, der als relationaler durch materielle und symbolische komponenten gekennzeichnet ist. obergeschoss herrenzimmer
gutshaus neu roofen 2012 obergeschoss küche obergeschoss kaminzimmer
18 gutshaus neu roofen 2012 obergeschoss blick über die terrasse in in den park küche lager badezimmer obergeschoss blick vom schlaf- in richtung badezimmer obergeschoss blick vom herren- in richtung schlafzimmer schlaf
obergeschoss badezimmer obergeschoss schlafzimmer ess- und konferenzraum herrenzimmer kaminzimmer fzimmer terrasse obergeschoss badezimmer obergeschoss blick vom kamin- ins herrenzimmer
20 gutshaus neu roofen 2012 literatur: böhme, g. (2013): atmosphäre. essays zur neuen ästhetik. berlin: suhrkamp verlag. /// döring, j. / thielmann, t. (2008) (hrsg.): spatial turn. das raumparadigma in den kulturund sozialwissenschaften. bielefeld: transcript verlag. /// fuchs, thomas (2008): das gehirn – ein beziehungsorgan. eine phänomenologisch-ökologische kon- zeption. stuttgart: kohlhammer. /// dachgeschoss blick in die bis 2014 vorhandenen wohn-, kinder und badezimmer
heidegger, m. (1993): sein und zeit. tübingen: max niemeyer verlag. /// löw, martina (2001): raumsoziologie. frankfurt a. m.: suhrkamp verlag. /// luhmann, n. (1984): soziale systeme: grundriss einer allgemeinen theorie. frankfurt a. m.: suhrkamp verlag. /// nishida, kitarô (1999): logik des ortes. der anfang der modernen philosophie in japan. darmstadt: wissenschaftliche buchgesellschaft. /// pfister, d. (2013): atmospheric design. zur bedeutung von atmosphäre und design für eine sozial nachhaltige von den dingen zum da-sein insgesamt kann das westliche denken also auf 2500 jahre domi- nanz des dimensionalen raumverständnisses zurückblicken, das sich seit ca. 450 v. chr. durch demokrit und platon mit der trennung von körper und psyche als dominantes denkschema durchgesetzt hat. der fokus der wahrnehmung und begriffsbildung richtet sich seitdem auf sichtbare festkörper, die als ding-an- sich den primären erkennt- nistheoretischen zuschlag erhielten. dieser fokus auf sichtbare dinge wird in der vergleichenden kulturwissenschaft als okular- zentrismus beschrieben, durch den sich unsere westliche kultur wesentlich von anderen kulturen wie z. b. den asiatischen unterscheidet. so beschreibt sich die japanische kultur im unterschied dazu als topozentrisch und meint damit die besondere rolle von örtlichen und räumlichen kontexten, von denen das leben und sprechen wesentlich ge- prägt wird. so gibt es in der japanischen sprache nicht eine form von «ich» oder «du», sondern dutzende je nach kontext. refe- renzpunkt ist nicht der sichtbare identische körper, sondern der je unterschiedlich gespürte kontext des sich-befindens (nishida 1999). diese topozentrische tradition findet sich auch in der westlichen philosophie, spätestens seit martin heidegger das in-der-welt- sein als existenzialie formuliert und als grundverfassung des da- seins beschreibt (heidegger 1993, s. 52ff). daran knüpft her- mann schmitzan, der das «sichbesinnen des menschen auf sein sichfinden in seiner umgebung» als «topische praxis» (schmitz 2007, s. 150) zum ausgangspunkt seiner neuen phänomenolo- gie macht. seit der jahrtausendwende scheint diese wende hin zu raumthemen durch begriffe wie «spatial turn» oder «topo- logische wende» auch einen namen bekommen zu haben, der in seiner wirkung erste interdisziplinäre früchte trägt (döring/ thielmann 2008). «spatial turn» — der raum als erfahrung die philosophie besinnt sich seitdem verstärkt auf die tradition der phänomenologischen autoren wie bollnow oder dürckheim, die statt vom dimensionalen raum von einem leiblich erlebten oder gelebten raum sprechen: der raum leiblicher anwesenheit geht als erlebter raum nicht auf äusserlich messbare merkmale zurück, sondern auf die je eigenen elementaren leiblichen erfah- rungen im raum. der unmittelbar erfahrbare raum ist der eigene spürbare leibraum im unterschied zum objektivierbaren körper. der leib ist kein körper im gegenständlichen sinn, sondern die fähigkeit, sich räumlich zu spüren, also eine art körperbewusst- sein noch vor jeder trennung zwischen körper und bewusstsein. der leib ist daher der erste erfahrbare raum als medium der räumlichen anwesenheit. die unterscheidung zwischen körper und leib wird auch in der medizin wieder hoffähig und erlaubt raumphilosophie ist eigentlich ein ding der unmöglichkeit. an- schluss an die über 100-jährige phänomenologische tradition in der psychiatrie (fuchs 2008). der leib ist der erste erfahrbare raum. die grundlegende fähigkeit den erlebten raum zu empfinden ist die fähigkeit zu erschrecken. im schreck zieht sich alles zusammen und die leibliche räumlichkeit wird am engepol erfahren. demgegenüber kann z.b. durch ein ent- spanntes dösen unter freiem himmel die gegenpolige wei-
22 te leiblich erfahren werden. enge und weite sind damit die grundlegenden raumerfahrungen aller lebewesen, die sich z. b. in phänomenen wie anspannung und entspannung oder auch beim ein- und ausatmen zeigen. ebenso grundlegend ist das fühlen von richtungen, seien sie linear wie bei wünschen oder befürchtungen, als auch zentrisch, wie z. b. die zentri- fugale kraft einer unbestimmten sehnsucht. sowohl physika- lisch-dimensionaler als auch leiblich-erlebter raum gehören in der lebenserfahrung zusammen und durchdringen sich. so orientiert sich das statische sehen ganz überwiegend im geometrischen raum der lagen und abstände. wohingegen sich das motorische sehen ganz überwiegend im leiblichen richtungsraum orientiert, z. b. beim gehen, springen, grei- fen und ausweichen in gefahrensituationen. die motorische koordination der lebewesen geschieht nicht durch aufwändi- ge berechnung von flug- und bewegungsbahnen, wie es die physik durch mathematische formeln auf den punkt zu brin- gen versucht, sondern stets intuitiv leibräumlich nach seiner eigenen logik. als lebewesen sind wir stets teilnehmer beider raumtypen und können unsere kompetenzen daran ausrichten. was lässt sich nun über das verhältnis von dimensionalem und leiblichem raum sagen? eine strikte kausalität vom dimensi- onalen zum leiblichen raum gibt es nicht, da sich die physi- kalische kausalität an der grenze zum lebendigen raum nicht linear fortsetzen kann, sondern förmlich «bricht». an die stelle linearer kausalität tritt bei allen lebewesen die verknüpfung von wahrnehmung und antwort. der erlebte leibraum wird nicht von physikalischen einwirkungen determiniert, sondern reagiert mit zumeist unwillkürlichen antworten aus seiner lei- bräumlichen erfahrungslogik heraus. die selbstreferenzielle eigenlogik lebendiger organismen wurde systemtheoretisch hinlänglich mit dem begriff «auto- poiesis» beschrieben. auch wenn es keine strikte kausalität zwischen dem geometrischen und dem leiblichen raum gibt, so liegt es doch nahe, situationen zu untersuchen, in denen ver- änderungen beider raumtypen häufig hand in hand gehen, wie dies bei bestimmten atmosphären der fall ist. so kann die hei- tere atmosphäre eines frühlingsmorgens ebenso zu bestimm- ten leiblichen weitungen anregen, wie die ergreifende atmo- sphäre auf einem rock-konzert zu rhythmischen bewegungen einladen kann. atmosphären sind damit etwas, in die wir lei- bräumlich hineingeraten, und über die wir uns intersubjektiv verständigen können, ohne dass wir die intersubjektivität voll- ständig auf die objektivität der zustände im dimensionalen raum zurückführen können. auch wenn atmosphären nur beschränkt machbar sind, so bilden sie doch ein typisches zwischenglied zwischen dem subjektiv erlebtem leiblichen raum und dem objektiv messbaren geometrischem raum und sind gerade für die erfor- schung interaktive prozesse, wie die der selbstvergewisserung, besonders wichtig. dr. phil. thomas latka ist philosoph und berater, gründer und leiter des instituts für topologie zur wissen- schaftlichen erforschung von raum-, ortsund feldphänomenen (münchen/basel). latka@institut-topologie.de; www.institut-topologie.de
im frühling 2014 begannen wir mit der entkernung. muff wurde zu staub und mit jedem container den das grundstück verließ, atmete das haus auf. und der raum im innern wurde groß. gutshaus neu roofen 2014 das gutshaus wird entkernt…
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raumgestaltung. basel: gesowip-verlag. /// schmitz, h. (2007): utopische und topische praxis. in: gahlings, croome, kozljanic (hrsg.): iii. jahrbuch für lebensphilosophie 2007 – praxis der philosophie. /// gernot böhme zum 70. geburtstag. münchen: albunea verlag. s. 143–151. /// wampold, b. (2001): the great psychotherapy debate – models, methods and findings. mahwah: lawrence erlbaum asoc. das dachgeschoss entkernt
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das treppenhaus wird entkernt
28 raum und raumstruktur als "schwingungs"-phänomen gosztonyi, alexander (1976): der raum. freiburg; münchen. (1) wenn man annimmt, daß der raum"schwingung" ist, so will man damit nicht sagen, daß er eine gedankliche ermittelte, "logische" voraussetzung dafür ist, daß "schwingung" - die ja raum"beansprucht" - überhaupt vorkommen kann. er ist - auch methodisch - von der "schwingung" nicht "abtrennbar", das heißt aber, er ist "schwingung". was ist aber diese "schwingung", die zugleich raum ist? (2) man kann zunächst sagen: raum ist "reine konduktivität". die tatsache, daß "schwingung" sich "ausbreiten", über "sich" hinaus wirken, sich verändern und sich wandeln kann, beruht auf ihrer "eigenschaft" der "konduktivität". der raumbraucht dabei nicht als bloßes "medium" verstanden zu werden, das für die "schwingung" und ihre "ausbreitung" vorausgesetzt werden muß, sondern er entsteht mit der "schwingung" und ist ein aspekt - besser: ein "wesenszug" - derselben. es möge dies zunächst dahingestellt bleiben. (3) das räumliche des raumes - wenn man diese paradoxie hier verwenden darf - entsteht aber dadurch, daß die "schwingung" dauernd frequenzänderungen unterworfen ist bzw. solche hervor- bringt und aus solchen besteht. um es nun unphysikalisch auszu- drücken: je "dichter" die frequenzen sind, desto eher kommen sie in den wahrnehmungsbereich des menschen. –>
park gut neuroofen 2015 die anlage gilt es vom dickicht, verwachsenen hecken und unterholz zu befreien
30 elektromagnetische wellen, die verschiedenen energie-wirkungen - darunter auch die die atome "formende" kernenergie (die schrödingerschen "wellenpakete"), also letztlich die materie selbst in ihren beiden erscheinungsformen als masse und als energie -, vermutlich aber sämtliche phänomene des psychischen und des geis- tigen lebens sind auf die verschiedensten frequenzen der einen alles belebenden und alles tragenden "schwingung" zurückzuführen - ein gedanke, der vielleicht in absehbarer zeit verifiziert werden kann. daß ferner die verschiedenen frequenzen "ineinander" liegen können, braucht man nicht eigens zu erwähnen, dies leuchtet schon auf grund der elektrizitätslehre ohne weiteres ein (z.b. gleichzeitige ge- 2spräche durch eine telephonleitung auf verschiedenen frequenzen). man kann nun annehmen, daß die formal faßbare raumstruktur bei einem bestimm- ten "verdichtungsgrad" der "schwingung" - also bei "dichteren", niedrigeren fre- quenzen - ensteht. dann wird der raum "zähflüssig", die konduktivität "friert" immer mehr ein. je "grobstofflicher" die energie bzw. die wirkung wird, um so "dichter" wird auch der raum, die distanzen in ihm müssen überwunden werden und ihre überwindung kann nicht "von selbst" geschehen: der raum wird - in einem gewissen sinne - zum hindernis. kann man auf "höhere", weniger dichte fequenzen "umschalten", so wird man von raum - von der konduktivität - gleichsam getragen; dies geschieht bei den rein psychischen raumerlebnissen. das erlebnis der unendlichkeit beruht beispielsweise auf dem erlebnis des raumes als "reiner konduktivität", denn als solche ist der raum ohne grenze. aber noch "mehr" kann im erlebnis sein: denn "unendlichkeit" bedeutet zugleich die unerschöpflichkeit einer energiequelle. in diesem erlebnis erfährt der mensch die "reine schwingung" und darum ist dieses erlebnis immer auch ein transrationales, metaphysisches, ja religiöses. von "innern" "sieht" also die welt so "aus", daß sie aus "schwingung" verschie- dener frequenzen besteht. von "außen" her - also in der sicht des leibgebundenen menschen - erscheint sie als eine räumliche größe mit lückenlos durchgehenden, differenzierten raumformen, also mit einer ausgeprägten, festgelegten raumstruk- tur. daß sowohl der raum selbst als auch die raumstruktur wandlungen (der raum) und veränderungen (die raumstruktur) unterworfen sind, "sieht" man von "außen" nur in sehr beschränktem maße, von "innen" aber - "wo" der mensch raumund raumstruktur psychisch erlebt - ist dies offensichtlich. vielleicht zeichnet sich dabei einer art entwicklung ab, dies wäre dann der fall, wenn die "schwingung" letz- ten endes die urtümliche ausdrucksweise des einen, alles umfassenden und alles in sich begreifenden, bewegung, veränderung und wandlung hervorrufenden und lebenspendenden bewußtseins wäre. der raumwäre dann der ausdruck für die in- tention dieses bewußtseins zur manifestation in vielfalt, d.h. zur individuation (in ding, lebewesen und mensch), also zur fülle. raum als konduktivitätist dann jener wesenszug des bewußtseins, der die ausgestaltung seiner selbst in der individuati- on nicht bloß ermöglicht, sondern auch mitvollzieht. gosztonyi fasst nach seiner über tausendseitigen philosophischen untersuchung über den raum seine position gerade in absetzung zu zahlreichen klassischen positionen wie folgt zusammen: „raum ist ‚reine konduktivität'."[771] „er ist - auch methodisch - von der ‚schwingung' nicht ‚abtrennbar', das heißt aber, er ist ‚schwingung'."[772]mit der schwingungsmetapher versucht auch er deutlich zu machen, dass der raum zugleich den menschen durchdringen kann: „... der raum ... wirkt nämlich in ihm - und nicht etwa ‚um' ihn - und zwar als spannung, der der mensch ununterbrochen ausgesetzt ist."[773]fernab jeden japanbezuges knüpft gosztonyi gerade in diesem ausgesetzt-sein für das durchdringende an einen ex- plizit topischen gedanken an, wie er sich z.b. bei watsuji finden lässt, der topische elemente als „draußen seiende"[774], „hinausgetretene"[775], „hinausgestell- te"[776]versteht, die vom klima durchdrungen werden. damit ist deutlich, dass das raumerlebnis nicht ohne risiko des erleidens einer spannung erfahren werden kann: „das raumerlebnis ist ein getragensein und ein erfahren - oder genauer: ein erleiden - einer spannung ..."[777] mit dieser nähe von gosztonyi zu watsuji soll nur ein beispiel genannt sein, wie sehr ein topisches raumverständnis aus beiderseiti- gem bemühen heraus entwickelt werden kann.
räumarbeiten mit schwerem grät
32 geschafft! wir freuen uns auf unsere ersten gäste,
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34 es wird sich herausstellen es war nicht der eine big bang am anfang, es bängt die ganze zeit. und sie sind alle daran beteiligt. jede gute idee die sie haben ist ein kleiner bäng und schafft eine neue wirklichkeit. so toll ist diese welt. das lebendige ist instabilität, das kreative entsteht aus potentialität bzw. ambiv- alenz und daraus werden welten erschaffen. hans-peter dürr, physiker (*1929 †2014) unerwartet wurde die hilfe der farad gang e.v. unser erster workshop hier am institut. aus der not keine fahrräder zu haben wuchs die idee menschen zu finden die uns dabei helfen können. auch wenn die farad gang normalerweise fahrräder für flüchtlinge aufarbeitet, erklärten sie sich bereit, auch uns zu helfen. nach dem 3-tägigen workshop standen nicht nur 12 tolle fahrräder bereit. viel wichtiger: das institut hat neue unterstützer gewonnen.
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die faradgang schraubt für das institut 12 fahrräder zusammen…
38 stechlin-institut stechlin-dialoge 2015 die stechlin-dialoge 2015 sind der auftakt zu einer reihe von experimentellen, handlungsorientierten begegnungen von teilnehmern aus den fachbereichen kunst, architektur und medizin. aufgabe der stechlin-dialoge ist, sich interdiziplinär und gemeinsam mit den ms-peers den vielfältigen aspekten des stechlin-instituts kritisch zu nähern, diese zu verhandeln und zu formulieren. neben der inhaltlichen und strukturellen entwicklung des instituts ist das ziel der stechlin-dialoge 2015 und 2016 die planung einer funktionalen, bedarfsorientierten architektur. entsprechend liegt der schwerpunkt der gemeinsamen arbeit im weitesten sinn auf dem haus und seinen funktionen. umfänglicher gefasst also auf die architektur, den ort, fragen der barrierefreiheit, den umgang mit leben – auch mit ms, grenzen, intimität, gemeinschaft, sowie ansätzen von critical practice innerhalb der inklusionsdebatte. modul 1: „residency“ programm: probelauf stechlin-institut, keine inhaltlichen vorgaben, fixpunkt gemeinsames abendessen. teilnehmer: studierende der kunsthochschule weißensee, professionelle künstler, ms-peers. datum: 24.-30. august 2015 inhalt: einwöchiger probelauf des zukünftigen formats. maximal 12 teilnehmer werden gemeinsam im haus leben, kochen und arbeiten. das ganze spektrum an möglichkeiten des aufenthalts soll erfasst, erprobt und erweitert werden. von der alltäglichen nutzung erwarten wir hinweise auf sinnvolle strukturierung des hauses, erhoffen aber auch austausch über die grundsätzlichen parameter der initiative: validität/invalidität, krankheit/endlichkeit, widerstand, autonomie, künstlerisches denken und handeln, lebensqualität und freiheit. modul 2: „raumfragen stechlin-institut i“ programm: untersuchung des ortes und seines potentials mit fokus auf die architektur. teilnehmer: kunststudierende des studios für experimentelles design der hfbk hamburg, ms-peers, medizin-studierende der charité. (maximal 12 teilnehmer) datum: august/september 2015 inhalt: innerhalb dieses mehrtägigen workshops steht die untersuchung des ortes mit fokus auf die architektur des stechlin-instituts im mittelpunkt. der workshop ist die grundlage des einwöchigen workshops für kunststudierende des studios für experimentelles design der hfbk hamburg und findet unter anleitung von prof. jesko fezer vor ort statt. für die medizinstudierenden könnten zusätzlich folgende felder relevant sein: gesundes leben mit chronischer krankheit, coping, lebensqualität, selbstkompetenz, personalisierte medizin und therapie, imdividualisiertes krankheitsmanagement. medical humanities. modul 3: „raumfragen stechlin-institut ii“ programm: implementierung der ergebnisse der ersten beiden workshops, erarbeitung eines raumkonzeptes. teilnehmer: studierende hdk hamburg/künstler/ms-peers. (10-20 teilnehmer) datum: mitte oktober (semesterauftakt) auswertung der ergebnisse von modul 1 und 2. begehung und untersuchung der bestehenden architektur unter den parametern validität/invalidität, inklusion/ exklusion, barrierefreiheit, intimität und sozialer interaktion. entwicklung der grundlagen eines adäquaten raumkonzepts. im anschluss an die drei module werden die bis dahin erarbeiten ideen, inhalte, entwurfe, visualisierungen in einer publikation versammelt. die beschriebenen schritte sind ergebnisse des planungstreffens vom 8.–10.5.2015 in stechlin unter mitwirkung von dr. judith bellmann-strobl, dr. regine priller, prof. jesko fezer und prof. albrecht schäfer.
vom 22. zum 31. august 2015 wurde das erste offizielle format der stechlin-dialoge mit ms-peers und kunststudierenden der kunsthochschule weißensee durchgeführt ("residency"). die potentiellen bewohner sollen selbst ermitteln, wie das haus aus ihrer perspektive gewünscht wird und wie dies erreicht werden kann. dieser workshop hatte von beginn an eine sehr praktische dynamik. planungstreffen mit jesko fezer & albrecht schäfer und families
40 selbstwirksamkeit und kontingenz-kompetenz aus künstlerischem denken vision ziel ist es mündigkeit und selbstverantwortung zu fördern. konkret wird künstlerisches denken als salutogener ansatz für menschen mit einer chronischen erkrankung zugäng- lich gemacht. situation in der auffassung klassischer medizin wird krankheit als störung und beeinträchtigung des lebensflusses bewertet (pathogene perspektive). der medizin fällt die aufgabe zu, den kranken menschen wieder in einen zustand vollständiger gesundheit zu versetzen. bei wachsenden kosten konventioneller pharmakologischer oder medizintechnischer in- terventionen, auch vor dem hintergrund der demographischen veränderungen, stellt sich für die gesundheitswirtschaft die frage wie dieses paradigma realisierbar bleibt. über den ökonomischen aspekt hinaus steht zur disposition, inwiefern der fakt, das krankheit ein aspekt des normalen lebensvollzugs ist1, dazu führen muss, das sich unser verhältnis zu krankheit grundlegend ändern sollte. die salutogenese, bei der der fokus auf den ›funktionellen‹ anteilen des patienten liegt, hält hierfür ein konzept bereit. dabei wird das prinzip der pathogenese, das beim chronisch erkrankten die erfahrung perma- nenter oder gar wachsender invalidität erzeugt, durch eine ›gesundungs-sicht‹, »bei der der patient seine nach wie vor ›funktionellen anteile‹ wahrnimmt und die salutogenen ressourcen eines adaptiven krankheitsumganges zu nutzen lernt« ersetzt. künstlerisches denken als salutogene strategie für chronisch kranke künstlerisches denken ist als komplementär zum wissenschaftlichen denkens zu verste- hen. prinzipiell ist künstlerisches denken eine praxis, die allgemein geläufig ist, die aber durch die disziplinierung zu rational-logischen denken verkümmerte. drei als wesentlich erachtete eigenschaften künstlerischen denkens seien vorab benannt: es gründet in einer sensiblen wahrnehmung, es reflektiert kritisch auf relevante kontexte und bezieht dabei immer wieder den autor selbst mit ein und fordert sein urteil heraus. weiter ist das künstlerische denken bestimmt durch die imagination, die fähigkeit zu eigener vorstellungsbildung. schließlich ist künstlerisches denken assoziiert mit sub- version, neugier, offenheit, sowie dem gestaltungswillen, sich neu zu erfinden und zu positionieren und unkonventionelle wege zu gehen.2 damit setzt der erfolgreiche künst- lerische denkprozess eine starken verbindung zum 'eigenen/selbst’ voraus3, ist also auch grundlage für selbstverantwortete urteile, werte und handlungen.4 künstlerisches denken, das implizit auch grenzüberschreitend ist, wird oft als provokation eingeordnet und führt dazu, dass künstler sich außerhalb des zentrums der gesellschaft verorten und so, wenn auch “freiwillig” eine ähnliche position einnehmen wie chronisch kranke die bestimmten normativen sozialer bedingtheiten nicht entsprechen können. künstlerisches denken bietet uns die möglichkeit das absurde und die konstruierte verfasstheit unserer lebensrealität zu erkennen und zu integrieren. dies ist die basis für die ausbildung von kontingenz-kompetenz, was nichts anderes bedeutet als die neubewertung der persistie- renden auswirkungen, sprich: den pathos als das sich ereignende5, anzunehmen. potential die korrelation von künstlerischem denken und copingstrategien (bewältigungsstrate- gien) ist insbesondere beim self-empowerment evident. die relative unabhängigkeit von sozialen zuschreibungen, das regelmässige reframing der eigenen bedürfnisse und mög- lichkeiten beschreiben aktives coping bei chronisch kranken. dieser fähigkeit liegt die betrachtung von krankheit aus einer anderen perspektive als der gewohnten (pathoge- nen) zugrunde. »weg von der ›defizienz-sicht‹, in der sich der patient nur als (passiv) er- leidender empfindet und auf seine krankheitssymptomatik reduziert ist, hin zu einer ›ge- sundungs-sicht‹ die auf persönlichem engagement gründet.«6 »künstlerisches denken wird als befähigung zur autorenschaft eingesetzt. jeder ist nicht nur fähig, sondern auch projekt die bereichernde qualität von künstlerischen denken für den coping-pro- zess chronisch kranker ist nur als selbst-erarbeitete erfahrung erlebbar. da- mit ist die deutliche differenz zu jeglichen kunst-therapeutischen ansätzen hergestellt. explizit wollen wir uns von jeglichem »werkeln und dreckeln«, »kunst produzieren« oder »in die farbe tauchen« beziehungsweise dem kli- schee von »kreativworkshops«7 distanzieren. die erfahrung künstlerischen denkens erzeugt sich aus den alltäglichsten handlungen - gerade durch die problemlösung einer physischen unwägbarkeit. die veränderung der pers- pektive bedarf keiner mühevoll zu erlernenden repetitiven übung, sondern der freiheit einen neuen standpunkt einzunehmen. der aufmerksamkeit, der wahrnehmung des besonderen einer alltäglichen situation. der übertrag künstlerischen denkes auf die situation chronisch kranker ist darauf ausgerichtet, »dass sich der patient vor dem hintergrund einer er- höhten selbstkontrolle und vermehrtem selbst-management wieder als ak- tiv sein leben gestaltender erfährt«.8 das inhärente potential von selbst- wirksamkeit des einzelnen, wird innerhalb von mehrwöchigen aufenthalten zur umfassenden selbstkompetenz entwickelt und zu eigenverantwortung im copingprozess ausgebaut. ort die seminare werden an einem ruhigen ort stattfinden an dem 9 teilnehmer wohnen können. die entscheidung zu einer zurückgezogenen situation fällt vor dem hintergrund der maximalen konzentration, bei der der einzelne einerseits in gemeinschaft – und andererseits auf sich selbst zurückge- worfen ist und sich zur autorität seiner selbst entwickeln kann. dazu ist es notwendig eine entsprechende architektur bereit zu stellen die einerseits das alleinsein und andererseits gemeinschaft berücksichtigt. romy und stef richter, september 2012 1 far ideh akashe-böhme & gernot böhme, „ mit krankheit leben“, s. 62, 63 1 far ideh akashe-böhme & gernot böhme, „ mit krankheit leben“, s. 62, 63 2 carl-peter buschkühle, bilderkultur und künstler isches denken- aspekte zur theor ie und praxis künstler ischer bildung in : ästhetische forschung: wege durch alltag , kunst und wissenschaft. zu einem innovativen konzept ästhetischer bildung von antje danner, peter gansen, cor inna heyd, gabr iele lieber, s. 55f 3 arno grün, „der fremde in uns“, s.22 4 die entdeckung des selbst, das >ich< sagt, bevor es als >subjekt< tituliert wird, und das in seiner selbstbezüglichkeit das beziehungsgefüge das ganzen sprengt, und dazu die entdeckung einer radikalen kontingenz , die nicht nur die offenen spielräume einer ordnung nutzt, sondern die ordnung selbst antastet. ( bernhard waldenfels, “grundmotive einer phänomenologie des frem- den”, s.42 ff 5 bernhard waldenfels, “grundmotive einer phänomenologie des fremden”, s.42 ff 6 prof. dr. med. arndt büssing , prof. dr. wifr ied schnepp, lebensqualität, spr itualität und coping , 2012-2013 7 carl-peter buschkühle, bilderkultur und künstler isches denken- aspekte zur theor ie und praxis künstler ischer bildung in : ästhetische forschung: wege durch alltag , kunst und wissenschaft. zu einem innovativen konzept ästhetischer bildung von antje danner, peter gansen, cor inna heyd, gabr iele lieber, s. 55f 8 ursula bertram, ‘ künstler isches denken und handeln’ in „kunstforschung als ästhetische wissenschaft” hrg g. martin trödle und julia wärmers, s. 293 ff 9 prof. dr. med. arndt büssing , prof. dr. wifr ied schnepp, lebensqualität, spr itualität und coping , 2012-2013
so kam es, daß die beteiligten, ermuntert durch uns, selbst in die struktur des hauses eingriffen, die historizistische verkleidung des kamins entfernten, eine plattform zur naturbeobachtung aus materialien des hauses zimmerten und in den garten platzierten und schließlich auch noch einen wunderschönen und obendrein noch funktionalen tisch bauten und mit diesem möbel einen bisher unbeachteten raum des hauses neu definierten und fundamental aufwerteten.
42 das stechlin-institut als künstlerische praxis critical practice/socially engaged art (kritische praxis/gesellschaftlich engagierte kunst) „all artists are alike. they dream of doing something that‘s more social, more collaborative, and more real than art.“ dan graham der entwicklung künstlerischer praxis von der verfertigung von objekten hin zur direkten argumentation in gesellschaftlichen räumen liegt eine hundert- jährige geschichte zugrunde. hier ein überblick zu sozial-engagierter kunst, auch um unseren weg von kritischer kunst zu gesellschaftlich engagierter kunst transparent zu machen: der erste impuls von künstlern, direkt und un- vermittelt in gesellschaftlichen fragen wirkmächtig zu werden, setzte mit den wichtigsten politischen umwälzungen des 20. jahrhunderts ein. beeinf lusst durch die impulseitalienischer futuristen (marinetti, boccioni) haben sich russi- sche futuristen/konstruktivisten den revolutionären inhalten des erstarkenden kommunistischen bewegung als künstlerische avantgarde vorangestellt um ihre verantwortung bei der „gestaltung des neuen menschen“ zu übernehmen. eine reihe von künstlern, unter ihnen malevich, tatlin, krutchonych, chleb- nikow, eilten der politischen klasse mit ihren visionen soweit voraus, daß sie schließlich von den machtpolitischen veränderungen eingeholt wurden und einige von ihnen opfer des sich nun manifestierenden totalitären systems wur- den. kunsthistorisch wird die kurze zeit der russischen avantgarde oft auf die zentralen ikone des schwarzen quadrats malevichs als “nullstelle der malerei” verkürzt und wesentliche gesellschaftliche impulse, von der neubewertung der sprache bei chlebnikov, hin zu ideen des gesamtkunstwerks bei krutchonych, werden vernachlässigt. in diesem klima internationalen aufbruchs stand auch das bauhaus (ab 1919), suchte aber entsprechend einer zentraleuropäischen verortung nach pragmatischen anschlüssen der kunst an lebenspraktische, funktionale felder des modernen lebens. transdisziplinär wurden unterschied- liche ästhetische felder ins tägliche leben zunächst in handwerklichen, später in industriellen produktionsmethoden integriert. der kunst wurde dabei, wie der architektur oder dem design, ein wesentlicher stellenwert in der prägung einer fortschrittlichen gesellschaft eingeräumt. bis heute wird sich in regelmä- ßigen zyklen auf das erbe des bauhaus besonnen, insbesondere dann, wenn nach einem historischen modell eines fortschrittlichen und integrativen kunst- begriffs gefahndet wird. durch die immigration wichtiger bauhauslehrer in die usa und der gründung des „new bauhaus“, insbesondere aber auch durch das lehr- und lebensmodell des “black mountain college”, wurden ideen der eu- ropäischen moderne im anglo-amerikanischen sprachraum nachvollzogen und weiterentwickelt. im europa der nachkriegszeit ist die arbeit der situationisten / lettristen ab dem ende der 50er jahren eine der wichtigsten referenzen. mit der betonung auf die freiheit der kunst und einer bewussten absage an die produktion von genuinen kunst-objekten bereiteten sie den boden für die sicher reichste zeit politisch-gesellschaftlich orientierter kunstpraktiken der späten 60er und frühen 70er jahren – für europa, wie für nord- und süd- amerika und sogar japan. künstler versuchten von nun an direkte teilhabe in unterschiedlichsten gesellschaftlichen feldern einzufordern. ob mit interaktiven projekten zum sozialen wohnungsbau (steven willats) und vorschlägen zum wirtschafts- und bildungssystem durch die artist placement group (barbara steveni / john latham) in england, oder politisch – ökologi- schem aktivismus in deutschland durch beuys samt seinem großen umfeld, bis arbeit an der krreisrunden observationsplatform aus den alten dielen des dachgeschosses.
44 hin zu therapeutischen ansätzen bei lygia clark in argentinien. auch wenn die aktionen und praktiken teilweise undokumentiert blieben, war die zahl sozial- aktivistischer künstler nie grösser. das kunstfeld der 80er jahre war vom zunehmend deregulierten finanzmarkt und den sich globalisierenden kunstmarkt geprägt. eine blütezeit für das au- tonome kunstwerk und den genialischen künstler und erst die stark politisier- ten 90er jahre öffneten das kunstfeld in neue diskurse hinein. post-coloni- al-studies, urbanism, gender-studies, environemental politics wurden einem spezif ischen, aber interessierten kunstpublikum verfügbar gemacht. gefolgt vom boom der nullerjahre, der aus den ungeheuren geldmengen des weiter deregulierten finanzmarkts resultierte und bilder und skulpturen nun in gro- ßem umfang als anlageobjekte nachfragte, wurde die praxis sozial engagierter kunst im hintergrund dennoch weiter “verhandelt” und diese ansätze werden nun verstärkt rezipiert (wochenklausur, park fiction, etc.). heute, hundert jahre nach den russischen futuristen, beginnt sich eine wach- sende zahl von künstlern, wieder sehr bewusst und sehr aktiv in soziale felder zu begeben. mit einem großen misstrauen gegenüber den politischen verhält- nissen und der macht des kapitals, nähert die kunst sich grassroot-movements an, operiert auf lokaler ebene in den communities vernetzt sich global und bringt ihre kompetenz in bestehende strukturen ein. die letzte documenta, warscheinlich noch stärker die kommende signalisiert eine öffnung des ins- titutionaliserten kunstfelds diesen initiativen gegenüber. neben prominenten einzel-positionen wie theaster gates werden auch kollektive wie assemble (london) verstärkt rezipiert. wir arbeiten daran, daß das stechlin-institut ein ort wird, an dem kunst als so- ziale praxis entwickelt und erprobt werden kann. an dem künstlerische autono- mie in diesem feld genauso, wie der umgang mit einer unheilbaren erkrankung unterstützt wird. und letztlich daran, daß mit dem stechlin-institut ein beitrag für die verbesserung sozialer verhältnisse geleistet werden kann. stechlin im juli 2015 hartnäckige offenheit – als künstlerisches prinzip "… offenheit bedeutet arbeit, manchmal sogar schmerzliche. offenheit heißt, sich immer wieder frei zu machen, sicherheiten und feste parameter über bord zu werfen, sich nicht festzulegen und nicht festlegen zu lassen. es heibt, ständig im künstlerischen prozess zu bleiben und sich der intuition des moments anzuvertrauen. und es bedeutet, mit der großen ungewissheit zu arbeiten und zu leben, was werden wird, falls überhaupt etwas wird." john von düffel
46 das sommerfest am 30. august war der unbestrittene höhepunkt. gäste aus berlin vermis- chten sich mit leuten aus dem dorf und den nachbargemeinden. alles beim fleischfreien grillen, aber mit drei leckeren hechten, direkt aus dem stechlinsee. und natürlich auch wieder selbst gebackenem brot.
beim frühstück mit den studenten aus weissensee und vorbeiziehenden israelischen neurowissenschaftlern und musikern.
48 auch die einwohner neuroofens fanden alle zusammen
50 hier finden junge architekten, mediziner, konzepter, projektleiterinnen die "residenten" und lokale größen wie elektrorocker zusammen.
52 die klage darüber, dass der kunstmarkt zu der alles entscheidenden bewertungsinstanz von kunst avanciert sei, erscheint keineswegs neu. doch trotz einer immer lauter werdenden kritik am markt-im- perativ haben sich bislang nur wenige institutionelle strukturen im kunstfeld gezielt darauf ausgerichtet, die entfaltung alternativer künstlerischer arbeitsweisen und rollenmodelle zu unterstützen. dabei ist schon länger von einem wandel der produktionsverhält- nisse im kunstfeld die rede. künstlerinnen gründen netzwerke, projekträume und engagieren sich in sozialen und politischen in- itiativen, die nicht mehr den alten zurechungslogiken des kunst- feldes entsprechen. auch werden die grenzziehungen zu den kre- ativ-industrien, zu anderen formen immaterieller arbeit und zur wissenschaftlichen forschung derzeit neu verhandelt. daneben hat sich das internet als eine künstlerische plattform mit einer eigenen organisationslogik und ökonomie herausgebildet. dennoch stecken entsprechende förderpraktiken und institutionelle strategien, die eine passung zu den besagten neuen künstlerischen produktions- weisen aufweisen, bislang in den anfängen. in ökonomischer hin- sicht gilt der vertrieb von exponaten durch private galerien deshalb für künstlerinnen nach wie vor als relativ alternativlose einkom- mensquelle und karrierestrategie. auch kunstakademien bereiten ihre studierenden kaum darauf vor alternative arbeitsprofile und ökonomien zu entwickeln. und selbst das gros öffentlicher förder- programme ist nach wie vor darauf ausgerichtet, künstlerinnen auf kunstmarktkarrieren und die entsprechenden strukturen vorzube- reiten. aus diesem grunde dient die geplante veranstaltung einer bestandsaufnahme und reflexion alternativer arbeitsmodelle im kunstfeld. prof. ursula bertram die kunststudenten präsentieren den peers ihre arbeiten.
was für ein abgang…
54 gleich danach was zuerst als dorfplatz wahrgenommen wird, ist eigentlich erweiterung des parks, in dem sich das dorf – ein paar spärliche häuser, alle traumblasen ihrer bewohner – fast zufällig befindet. der spielplatzzaun auf diesem dorfkampen folgt der gleichen logik wie der zaun um das anliegende haus, in dem ich war. es gibt marken statt barrieren. nur für autos ist die wiese blockiert, die hier ohnehin fehl am platz scheinen. man geht, rennt oder radelt viel eher. vorzugsweise nah am boden, der so schwer und sicher da- liegt. die hohen bäume in diesem park sind ein stück höher als die umgebende forst. je- mand muss sie gepflanzt haben, bevor es hier so aussah. sie schaffen ein kathedralisches dach, durch dessen lichte fenstermuster die sonne und der mond schimmern, während sich in seinem waldvolumen tiefe dunkelheit, ruhige kälte befinden. im haus trägt sich die frische weiter bis zu den einzelnen herden, die ihre verbrennungswärme durch den stein strahlen lassen, um sphären zum aufladen der lebendigen wesen im kühlen haus zu bieten, deren körper manchmal kaltblütigen reptilien gleichen. einzig die sonne im feld kann noch so ungestört die leiber heizen, wo der dort liegenden plattform kein baum und busch schatten spendet. sie ist der stein der menschenechsen. manche mei- den auch die hitze, bewegen sich nur im kaum wahrzunehmenden wärmefeld am rand. auch das ist ein spezieller lebensraum. die menschen werden einander und werden wald, feld, himmel, straße und haus, und zuletzt wird das haus wie alles andere welt. man bewegt sich durch die verbindungen zwischen den dingen. in der bewegung entsteht der ort. ein begriff von diesem sein ist meist ungeklärt unter den gegenwärtigen. sie brauchen ihn nicht, um zu verstehen. nach einiger zeit stellt sich ein stilles übereinkommen unter ihnen ein. trotz allem finden sie heraus, dass sie, sobald sie die grenze der wörter wieder über- schreiten, völlig uneins sind. ihre komplizenschaft wird auf die probe gestellt. jeder ist einzeln und muss mehr geben, als er hat. es ergibt sich, dass sie keine formen mehr wahren. formen sind nicht gegenwärtig. der wald bringt ihnen bei, dass instinkte keine formen haben. besucher kommen am wochenende und kommen ihnen vor wie menschen in einer dichten box mit hand- und fußschellen. sie verstehen die ursachen der probleme ihrer mitmenschen. sie sprechen darüber. sie werden hoffnungsträger, ohne lösungen für diese ursachen zu finden und ohne zukunft zu entwerfen. sie machen eben weiter, in der ungreifbaren, unbezwingbaren gegenwart. in den nächsten wochen darauf verliert auch der begriff arbeit seine bedeutung. in diesem modell sind die bewohner nicht vor ort im wissen, dass das hier nur ein zwischenstopp für kurze zeit ist. in diesem modell ist das haus ein refugium auf un- bestimmte dauer, das erst nach langem (nach ausreichender statt geplanter zeit) wird aufhören können, rückzugsort zu sein. sondern von dem aus man irgendwann überall möglichkeiten sehen können wird, ohne verlust dieser neuen und zurückerlangten, ur- sprünglichen kräfte weiterzuziehen. ihr wollt aber, dass sich die kontinuität im haus selbst hält, sodass bewohner sich darin auch für kurze zeit einklinken können, um sie zu teilen und fortzusetzen. willkommen hamburg. a a
orientierung und 1. seminar der erste abend mit der klasse jesko fezer
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im zweiten workshop "raumfragen stechlin-institut i" (22.-27.09.2015), kamen ms-peers und studierende der der hochschule für bildende kunst, hamburg zusammen. die insgesamt 13 teilnehmer entwickeln aus ihren eigenen bedürfnissen und aus der begegnung mit den anderen, vorstellungen für die entwicklung und konzeption des grundstücks und des gebäudes; architektonisch, künstlerisch, ökonomisch, inklusiv. gesundheit und krankheit, validität und invalidität, individuum und gemeinschaft, in- und exklusion waren die pole des spannungsfeldes aus dem sich die perspektiven für die gestaltung des ortes skizzierten. wenig später es ist etwas mit dem gewicht. mein sinn für gewicht ist hier plötzlich wieder da. ich spürte das gefühl des wiedersehens. so wie derjenige für richtungen irgendwann wieder aufgetaucht ist, nur dass dieser nicht so viel mit anfassen und schleppen zu tun hat. jetzt stehe ich auf dem feld und will mein gefühl dafür, dass die schwerkraft meinen so schweren körper zu boden zieht, mit einem stein messen. größe und gewicht sind bei steinen genauso verdichtet wie beim körper. als ich den rest des rehbeins in einer plastiktüte zu grabe trug, spürte ich diese verdichtung in meiner hand ruhen, den sog zum boden, der vom lebendigen körper zusammengestrickt worden war. woraus ist er denn eigentlich, wenn er so schwer ist. ich hebe testweise mein bein mit meinen händen an. das gewicht kann ich nur spüren, wenn ich alle kontrolle über besagtes bein an die hände abgebe. was die muskeln durch ziehen am knochen alles heben. den stein schleppen wir zu viert über das feld. dann mer- ken wir, dass wir ihn an einem langen transportgurt ziehen müssen. er kann nicht schwerer als ein großer mann sein. er klebt am boden. später, im wald, überkommt mich der sinn dann in seiner gänze. indem ich nach oben schaue, die augen genau horizontal über meiner vertikalen körperlinie. das blätterdach bestau- nend, die weite, die der leib spürt, während er mit den füßen am boden klebt wie der stein. sicher. mein schwerpunkt, von dem die ganze balance ausgeht. so nach oben gerichtet droht sie zu vergehen. diese perspektive nehme ich selten ein. im feld auf dem wippenden stuhl sitzend umhüllt mich die schwerkraft mit dem ihr widerstrebenden gras wie ein nest. am grund zu sein ist wunderbar. der sinn für gewicht ist meine schnur zur von schwerkraft bestimmten welt. wie fragil. vielleicht träume ich deshalb vom fliegen und abstürzen. nils kann ja auch nur klettern, weil er sich durch die schwerkraft wo abstützen kann, weil es ein unten gibt. da bewegt er wirklich seinen körperstein, weg vom punkt, an dem sich alles trifft, was es auf der erde gibt. so ist es, draußen zu sein. von der schwerkraft ausgehend verstehe ich leiblich auch andere kräftegebilde, die überall zu finden sind. heute in unserer eifrigen erwartung, das leben der studierenden fortzusetzen, ging es in dieser woche vor allem um die gruppe. selbst ich fremde hatte dem nicht hinsichtlich meines status’ etwas entgegen zu setzen. ich bin auch studentin. ansich ist an der ausrichtung so nichts auszusetzen gewesen, nur übersahen wir dadurch tausend andere wege, unser dasein in neuroofen in worte zu fassen. die gruppe. das individuum. für einige war das ein unüberwindbarer bias, aufhänger. normalerweise arbeiteten diese vielen, diese 10 auch nicht in einer großen gruppe. ich wurde in die rolle der verfechterin der individuellen abkapselung geschoben, weil ich mich der bias erwehrte – die rolle wurde zum verständnis der situation wohl benötigt , so trug ich sie gleich klaglos, denn sie hatte auf mich selbst keinen einfluß und ich konnte trotzdem je- derzeit von anderen positionen sprechen, als säße sie dann neben mir. durch sie wurde ich auch zur zeugin des vorgangs in dieser gruppe mit ihrer methode, mit ihrem bestimmer. die zeugin, die alles beobachtet und nicht einlenkt. die präsenz legte ihnen schon genug in den weg. steine in den weg legen. wir zogen steine aus dem wald in den weg. jesko war das einzige, was ich an der ganzen woche nicht verstand. das störte mich aber nicht weiter, es ging für mich ganz klar um die, die da waren. er konnte es nicht fassen, noch nicht einmal erleben, was sich getan hatte in der einen woche. es versuchte auch niemand, es zu erklären, denn ganz einträchtig verstanden wir alle, dass es dafür noch keine zeit gab und keine worte. wären wir nur länger geblieben, hätte sich das zwar vielleicht nicht näher benennen lassen, aber es hätte sich angezeigt in dem potential, das sich unter uns hätte entfalten können genau ohne aufgabe. wir waren nicht vorsichtig. nur erstaunt. und verständig über das, was man lassen musste. warum hätten wir etwas herstellen sollen. etwas stellen, legen, steine in den weg legen. es bleibt bei dieser wortwahl. die ganze zeit will ich einen bericht der woche schreiben, doch komme ich auf diese einzelheiten nur im abstrakten zurück. zurück: also, dass es vor allem um das erleben der gruppe ging, das hatte sicher etwas damit zu tun, dass wir als studenten und scheinbar darüber angesprochen kamen. dass dann das black mountain buch auftauchte, das hat mir erst im nachhinein die augen darüber geöffnet, was hier einen unterschied darstellt zwischen dem, was wir erlebten und dem, was kommen wird. genau daraus ergibt sich der gehalt, den der ort selbst in sich tragen soll, um ihn nicht durch die präsenz von noch mehr menschen im haus sozial kontinuierlich zu machen. die frage, wie wir zusammen leben und lernen wollen, die können wir in einer praxis verdeutlichen, for- mulieren, kraft auf andere bereiche des lebens ausüben lassen, wie in der black mountan school. da geht es gerade darum, das zu praktizieren, was in allen einzelheiten radikale demokratie und mehr sein könnte. für diejenigen hausbewohner, die schließlich sich abwechselnd an den ort einkehren werden, um hier eine erfahrung für sich zu machen, sich zu besinnen, zwar mit anderen in gemeinschaft zu sein, aber dies nicht als vorderstes ziel, für die dürfen die grundlegenden gemeinschaftsfragen, die vor allem praktischer natur sind, keine steine im weg sein dafür, anzukommen und zu sein. das werden, das sich von dort ergibt, dem
58 muss dann freie bahn sein durch die in gesprächen genannte flexibilität, unbestimmt- heit, vielleicht sogar leere und – hier zurück zum punkt der praxis – gemeinschaftliche förderung. wäre es jetzt schon an der zeit gewesen: geholfen hätten wir mit konkreten ideen vor allem durch den vorschlag der langweiligsten details, damit auf dieser ebene des alltäg- lichen alles so selbsterklärend wäre wie möglich werde, dass ein neuankömmling sich nicht hilflos vorkommt vor allem neuen im haushalt. gerade der soll doch nicht stören und kann so ungeheuer scheinen, wenn es ein fremder ist. uns zu fragen, was genau mindestens nötig ist an möbeln, gegenständen, ver- brauchssubstanzen, die so vielseitig und leicht zu bedienen wie möglich sind, um hier einfach einzutauchen in ein selbstbestimmtes, tägliches, gemeinschaftliches leben. es nicht bequem, aber praktisch zu machen. dem zumüllen vorzubeugen. und dann in ande- ren hinsichten durchaus seltsames zuzulassen, so wie es jede entscheidung in sich hat. nur die prämisse unserer beiden unterschiedlichen weisen, hierzusein, ist völlig die glei- che: being without purpose. hier kommt auch die künstlerische seite ins spiel, die übrigens in dieser gruppe niemand aufgebracht hat, als sei sie allen ganz klar. mir wurde mit der zeit bewusst, dass fast keiner in der gruppe auch nur eine genauere vorstellung davon hatte, was hier als der reiz eines gleichgestellt residierenden künstlers im haus gelten könnte. zur beschworenen ‚methode': nicht davon abzukönnen, hier als profi zu sein und sich auf die art auch einbringen zu müssen. überhaupt das abkapseln der sensorischen erleb- nisse aus diesem profi-sein. hier leitete sich die geschaffene bias zwischen gruppe und individuum ab, das individuum als etwas privates, unprofessionelles. daran zeigt sich auch das unverständnis dem künstlerischen gegenüber, oder ganz generell: der situa- tion zu leben. die methode als besonders männlich vertretene position. das verhindern von begriffsklärung im zuge des profi-sein-scheinen-wollen: alles ist doch klar! man hatte also etwas zu lachen. dabei wäre doch die größtmögliche klarheit gegeneinander so nötig gewesen, um die absolute einsamkeitserfahrung durch den körper in der gruppe besprechbar zu machen. ich dachte: kleine gruppen: individuen zusammen; große gruppen: die unmöglichkeit, zu denken. man war gerade im begriff zu lernen, wie man auch in der gruppe allein sein kann, als das wochenende der besprechungen begann und wir wieder scheiden mussten. wir hätten uns womöglich trotz der gruppengröße und der nicht-gefundenheit der ein- zelnen zusammen doch unseren beziehungen fügen können, fügungen enstehen lassen können, so wie sie begannen sich zu bilden, durch unser verständiges lassen. hätten wir am ende einfach nur kunst für unsere community gemacht, die verginge wie sie entstand? für mich war es das allergrößte, unterm großen fenster oben nacht für nacht mit dem universum zu schlafen. gleichzeitig wurde viel zeit im freien verbracht und der individuell-persönliche austausch war enorm wichtig.
60 gesammelte zitate von gernot böhme »der leib ist, um es kurz zu sagen, unsere eigene natur, wie sie uns durch selbsterfahrung gegeben ist. der körper dagegen ist unsere eigene natur, wie sie uns durch fremderfahrung – also im blick des anatomen, physiologen, me- diziners – gegeben ist. (…) doch der raum als thema der architektur ist nicht neu – was für ein raum? um es kurz zu sagen: es war der geometrische raum, d.h. der euklidische raum, der, den man vermessen kann. diese raumvorstellung führt dazu, dass ästheti- sche arbeit vor allem als schaffung von gestalten und entwurf von größenver- hältnissen verstanden wird. (…) dem modernen menschen fällt als alternative zum euklidischen raum der geometrie nur reflexhaft ein, dass mathematiker und physiker auch von mehrdimensionalen riemannschen räumen reden. die sind jedoch für die größenordnungen, in denen architektur sich bewegt, irre- levant. schon wichtiger ist, daran zu erinnern, dass die mathematik den un- terschied von topologischen und metrischen räumen kennt. diese differenz spiegelt die beiden grundkonzepte der europäischen philosophie des raumes wieder, nämlich den raum qua topos des aristoteles und den raum qua spati- um des descartes. der reine ortsraum kennt umgebungen, nachbarschaften, lagebeziehungen, jedoch keine abstände. der metrische raum dagegen defi- niert sich gerade durch abstände – und kann von daher auch orte und ihre lage bestimmen. descartes war es, der über die erfindung von koordinatensystemen räumliche verhältnisse ganz und gar zu einer frage der darstellung in einem bezugssystem gemacht hat und so die geometrie algebraisierte. schon die differenz von topos und spatium dürfte für die architektur inter- essant sein. sie wird es aber erst recht, wenn man sich des lebensweltlichen hintergrundes versichert, aus dem diese mathematische unterscheidung er- wachsen ist: ein ort ist eine umgebung, in der man sich befindet, maßverhält- nisse sind dagegen eine art, in der man sich etwas – meist dinge – vorstellt. so gesehen ergibt sich ein unterschied von raumbegriffen (…): raum als raum leiblicher anwesenheit und raum als medium von darstellungen. (…) der raum, in dem ich leiblich anwesend bin, ist dagegen eher dem topologi- schen raum verwandt: nachbarschaften, umgebungen spielen die entschei- dende rolle – und vor allem: er ist zentriert (auf das hier bin ich), er hat richtungen, die sich auf den leib beziehen, also außer oben/unten noch vorne/ hinten, rechts/links. ferner sind richtungen gegeben durch attraktions- und schwerpunkte. doch damit nicht genug: weil der raum leiblicher anwesenheit ja nicht raum relativ zu unserem vorstellungsvermögen ist, sondern relativ zu unserer leibeserfahrung, so ist er weiter zu charakterisieren durch: enge und weite, durch bewegungsanmutungen oder hemmungen, durch helligkeit und dunkelheit, durch luzidität und opazität, etc. wir sehen, der raum leiblicher anwesenheit ist durch die kategorien zu bestim- men, nach denen unsere umgebung unser gefühl, hier zu sein, modifiziert, also unsere befindlichkeit.« 7 studierende und ehemalige des kunststudiums der hfbk hamburg innerhalb des projekts "öffentliche gestaltungsbertung" um prof. jesko fezer eruieren lage und möglichkeiten, die das weitläufige areal ringsum das haus bietet.
prof. jesko fezer begleitete diesen workshop unter hohem zeitlichen aufwand und mit nachhaltigem engagement für die teilnehmer wie für das stechlin-institut. für konkrete fragen zur barrierefreiheit wurden stärker betroffene ms-peers eingeladen, die ihre perspektiven und erfahrungen mit in die diskussion einbrachten. während im ersten workshop der fokus der teilnehmer auf praktische lösungen gerichtet war, war es bei diesem format die theoretische auseinandersetzung die die größte bedeutung hatte. es wurde viel gedacht und gesprochen wie ein haus aussehen müsste, daß menschen in unterschiedlicher körperlicher verfassung behergen soll. wie gemeinschaft funktioniert und dennoch rückzug möglich ist. wie sich der garten erschließen läßt – ohne strenge vorgaben. wie der dachboden aufgeteilt werden könnte.
62 53
hyperaktive lähmung 10 studierende des experimentellen designs finden sich in ei- nem haus im wald wieder. das haus soll in naher zukunft von ms-peers und künstlern temporär zusammen bewohnt werden. die studenten sind eingeladen aus ihren eigenen bedürfnissen und aus der begegnung mit anderen vorstellungen für die ent- wicklung und konzeption des grundstücks und des gebäudes zu entwickeln: architektonisch, künstlerisch, ökonomisch oder in- klusiv.1 sie beginnen den ort zu erkunden und sich einzurichten: sie ma- chen feuer, streifen umher, sammeln pilze und schwimmen im see. schnell stellt sich wohlgefallen ein. unter die freude darü- ber erfolgreich die öfen befeuert, pilze gefunden und trotz kälte im see gebadet zu haben mischt sich ein gefühl der allgemeinen freude an der natur und der schönheit des ortes. die freude über das gelingen ist dabei ein rationaler affekt, das gefühl des erfolges ist also eine aus der sachlichen handlung resultierende informationsverarbeitung. die allgemeine freude an der natur oder dem ort an sich ist hingegen ein ästhetischer affekt. entscheidend dafür ist die emotionale involviertheit der studierenden. in ihrer befindlichkeit lassen sie sich durch einen gegenstand, eine situation oder auch ganze räumliche umgebun- gen berühren. der zweck ihrer wahrnehmung ist nicht mehr die rationale informationsverarbeitung sondern die wahrnehmung selbst.2 schnell sind sich die studenten einig, dass die qualität des or- tes erfahren werden müsse und einigen sich damit unbewusst auch auf einen ästhetischen bearbeitungsmodus. dabei wird zielgerichtetes und normatives handeln zugunsten der sinnlichen wahrnehmung zurückgestellt. dem gegenüber beschäftigen sich die studierenden jedoch auch mit den symptomen der ms-peers, aus denen sich stark sachliche und rationale notwendigkeiten ergeben.3 aus der notwendigkeit des handelns heraus entsteht die idee den ort zu kartographieren. alle sind sich einig, dass der ort sich nicht auf das haus beschränkt, sondern viele orte in der näheren und weiteren umgebung zu dem erlebnis beitragen. es stellt sich jedoch die frage was eine karte zeigen soll? es gibt die befürchtung, dass eine sachliche einzeichnung der zu erlebenden orte das erlebnis vorweg nehmen würde: „man will den ort doch selbst entdecken!“ also wird vorgeschlagen, dass in der karte möglichkeitsräume und potentiale verzeichnet werden sollen. in einem versuach gelingt es niemanden die gefühlten räume als sachlich verzeichnete orte in einer karte unterzubringen. über die beschäftigung mit der karte drängen sich die sachli- chen, rationalen anforderungen wieder in den vordergrund. es wird klar, dass die orte für viele ms-peers nicht erreichbar sind. daraus ergibt sich die idee anreize zu schaffen, die eine bege- hung des ortes zugleich möglich machen sollen. dabei geht es zum einen erneut darum bestimmte orte sichtbar zu machen, zum anderen sollen sitzmöglichkeiten, oder außentoiletten die sachlichen anforderungen erfüllen. in ersten versuchen wird ein stein herbeigeschleppt und an einem bestimmten ort aufgestellt, monobloc-stühle ausprobiert und gymnastikbälle diskutiert. obwohl nicht thematisiert, kennzeichnet die ambivalenz aus ästhetischen und rationalen bearbeitungsmodi die diskussionen und versuche der woche. 1 vgl. htt p://www.stechlin-institut.org/dialoge.html (stand 28.09.15) 2 analog dazu unterscheidet der kulturwissenschaftler andreas reckwitz in der sinnlichen wahrnehmung zwischen ästhetischen und lebensweltlichen, also nichtästhe- tischen erregungsintensitäten: „lebensweltliche affekte wie die furcht vor der gefahr oder die freude über das gelingen haben eine subjektive und intersubjektive si- gnal- und kommunikationsfunktion. ästhetische affekte hingegen sind affizierungen um der affizierung willen (die furcht im horror film, die freude an der natur etc.), in denen das subjekt seine emotionalen möglichkeiten austestet.“ (2012): die er findung der kreativität. zum prozess gesellschaftlicher ästhetisierung. s. 24. 3 reckwitz unterscheidet hier weiter auch zwischen einem ästhetischen und einem zweckrationalen weltbearbeitungsmodus: „idealtypisch lassen sich so ein rationalisti- scher weltbearbeitungsmodus, der zielger ichtetes und normatives handeln umfasst, und ein ästhetischer weltbearbeitungsmodus der sinnlichen wahrnehmung einander gegenüber stellen.“ ebd. s. 25-26. hyperaktive lähmung 10 studierende des experimentellen designs finden sich in ei- nem haus im wald wieder. das haus soll in naher zukunft von ms-peers und künstlern temporär zusammen bewohnt werden. die studenten sind eingeladen aus ihren eigenen bedürfnissen und aus der begegnung mit anderen vorstellungen für die ent- wicklung und konzeption des grundstücks und des gebäudes zu entwickeln: architektonisch, künstlerisch, ökonomisch oder in- klusiv.1 sie beginnen den ort zu erkunden und sich einzurichten: sie ma- chen feuer, streifen umher, sammeln pilze und schwimmen im see. schnell stellt sich wohlgefallen ein. unter die freude darü- ber erfolgreich die öfen befeuert, pilze gefunden und trotz kälte im see gebadet zu haben mischt sich ein gefühl der allgemeinen freude an der natur und der schönheit des ortes. die freude über das gelingen ist dabei ein rationaler affekt, das gefühl des erfolges ist also eine aus der sachlichen handlung resultierende informationsverarbeitung. die allgemeine freude an der natur oder dem ort an sich ist hingegen ein ästhetischer affekt. entscheidend dafür ist die emotionale involviertheit der studierenden. in ihrer befindlichkeit lassen sie sich durch einen gegenstand, eine situation oder auch ganze räumliche umgebun- gen berühren. der zweck ihrer wahrnehmung ist nicht mehr die rationale informationsverarbeitung sondern die wahrnehmung selbst.2 schnell sind sich die studenten einig, dass die qualität des or- tes erfahren werden müsse und einigen sich damit unbewusst auch auf einen ästhetischen bearbeitungsmodus. dabei wird zielgerichtetes und normatives handeln zugunsten der sinnlichen wahrnehmung zurückgestellt. dem gegenüber beschäftigen sich die studierenden jedoch auch mit den symptomen der ms-peers, aus denen sich stark sachliche und rationale notwendigkeiten ergeben.3 aus der notwendigkeit des handelns heraus entsteht die idee den ort zu kartographieren. alle sind sich einig, dass der ort sich nicht auf das haus beschränkt, sondern viele orte in der näheren und weiteren umgebung zu dem erlebnis beitragen. es stellt sich jedoch die frage was eine karte zeigen soll? es gibt die befürchtung, dass eine sachliche einzeichnung der zu erlebenden orte das erlebnis vorweg nehmen würde: „man will den ort doch selbst entdecken!“ also wird vorgeschlagen, dass in der karte möglichkeitsräume und potentiale verzeichnet werden sollen. in einem versuach gelingt es niemanden die gefühlten räume als sachlich verzeichnete orte in einer karte unterzubringen. über die beschäftigung mit der karte drängen sich die sachli- chen, rationalen anforderungen wieder in den vordergrund. es wird klar, dass die orte für viele ms-peers nicht erreichbar sind. daraus ergibt sich die idee anreize zu schaffen, die eine bege- hung des ortes zugleich möglich machen sollen. dabei geht es zum einen erneut darum bestimmte orte sichtbar zu machen, zum anderen sollen sitzmöglichkeiten, oder außentoiletten die sachlichen anforderungen erfüllen. in ersten versuchen wird ein stein herbeigeschleppt und an einem bestimmten ort aufgestellt, monobloc-stühle ausprobiert und gymnastikbälle diskutiert. obwohl nicht thematisiert, kennzeichnet die ambivalenz aus ästhetischen und rationalen bearbeitungsmodi die diskussionen und versuche der woche. 1 vgl. htt p://www.stechlin-institut.org/dialoge.html (stand 28.09.15) 2 analog dazu unterscheidet der kulturwissenschaftler andreas reckwitz in der sinnlichen wahrnehmung zwischen ästhetischen und lebensweltlichen, also nichtästhe- tischen erregungsintensitäten: „lebensweltliche affekte wie die furcht vor der gefahr oder die freude über das gelingen haben eine subjektive und intersubjektive si- gnal- und kommunikationsfunktion. ästhetische affekte hingegen sind affizierungen um der affizierung willen (die furcht im horror film, die freude an der natur etc.), in denen das subjekt seine emotionalen möglichkeiten austestet.“ (2012): die er findung der kreativität. zum prozess gesellschaftlicher ästhetisierung. s. 24. 3 reckwitz unterscheidet hier weiter auch zwischen einem ästhetischen und einem zweckrationalen weltbearbeitungsmodus: „idealtypisch lassen sich so ein rationalisti- scher weltbearbeitungsmodus, der zielger ichtetes und normatives handeln umfasst, und ein ästhetischer weltbearbeitungsmodus der sinnlichen wahrnehmung einander gegenüber stellen.“ ebd. s. 25-26.
64 [b] [b]
66 placemaking [ b ]
untersuchung spezifische rückzugsmöglichkeiten
68
70 aus dem erweiterten netzwerk der faradgang kam david mit nach stechlin. als architekt der er ist, hat er sich ziemlich schnell in den alten stall verguckt. gemeinsam mit anna und niklas, noch zwei architekten haben wir im november das marode dach mittels einer plane gesichert. in 2016 wird diese durch ein neues dach ersetzt werden.
72 schuppendachsicherung
…mit anschließender holzofen(brot)backaktion – ging nur leider bißchen schief.
74 das theremin (auch: thereminvox, thereminovox, termenvox, ursprünglich aetherophon) ist ein 1920 erfundenes elektronisches musikinstrument. es ist das einzige verbreitete musikinstrument, das berührungslos gespielt wird und dabei direkt töne erzeugt. sein name geht auf den erfinder, den russen lew termen, zurück, der sich in den usa leon theremin nannte. beim theremin beeinflusst die elektrische kapazität des menschlichen körpers ein elektromagnetisches feld. dabei beeinflusst die position der hände gegenüber zwei elektroden („antennen“) die stärke der veränderung. die sich ändernde schwingung des feldes wird verstärkt und als ton über einen lautsprecher ausgegeben. obwohl das theremin in vielerlei hinsicht eine pionierrolle im instrumentenbau einnahm, blieb sein gebrauch auf musikalische nischen beschränkt. dabei kam es in so verschiedenen bereichen wie neuer musik, science-fiction-filmen und experimenteller pop-musik zum einsatz. erst seit den 1990er jahren hat es sich etwas popularisiert.
theremin – architekture – multiple sklerose berlin/tel aviv und zum schluß noch ein ausblick auf zukünftiges: mit omri und assi, neurowissenschaftler und mathe- matiker (berlin school of mind and brain, weizmann institute of science) planen wir an einem werkzeug um raum akustisch wahrnehmbar zu machen und gleichzeitig bewegung, besonders für menschen mit körperlichen einschränkungen, zu einer motivierenden sound-erfahrung zu machen.
vorraussicht für 2016 haben wir uns erneut einiges vorgenommen. nach den vielen projekten von 2015 mit denen wir haus und grundstück kennen lernten, fühlt es sich jetzt richtig an, den umbau des gutshauses planerisch anzugehen. dafür hat sich ein phantastisches team zusammen gefunden. unterstützt durch eine planungsförderung aus eu-mitteln werden einzelne abschnitte in workshops ausgegliedert. so nehmen die zukünftigen nutzer am prozess der entwicklung einer architektur teil, die die maßstäbe für inklusives bauen radikal neu setzen soll. im ergebnis erhoffen wir uns eine lebendige skulptur die prozesshaft bleiben und ein höchstmaß an lebensqualität bieten soll. wir freuen uns auf die anhaltende unter- stützung derer, die uns schon bisher zur seite standen und hoffen auf viele neue gäste, mitarbeiter, mitdenker. für 2016 und darüber hinaus! impressum typografie: romy richter texte: s.12 quelle: http://www.ruppin.de/index.php?id=405&userid=155&ort=stechlin-neuroofen&listid=10 s.30/31quelle: gosztonyi,alexander(1976):derraum.freiburg;münchen.raumundraumstrukturals"schwingungs"-phänomen(http:/ /wadoku.de/wiki/pages/viewpage.action?pageid=988) s. 18/23/24 quelle: dr. phil. thomas latka raumphilosophie (auszug) in journal bso nr. 3/2013 raumgestaltung s. 6ff s.40 stef und romy richter: stechlin dialoge i s.42 stef und romy richter: selbstwirksamkeit und kontingenz-kompetenz aus künstlerischem denken s.44 stef und romy richter: das stechlin-institut als künstlerische praxis s. 56, 58, 60 theresa kampmeier: gleich danach – später – heute s.65 frieder bohaumilitzky: hyperaktive lämung bilddaten: janine melcher, lena marie emrich, bastian boss, fynn morten heyer, armin dierolf, stef richter, romy richter mit freundlicher unterstützung der stiftung edith maryon, mart stam gesellschaft, der heidehof-stiftung, der teva pharma gmbh. ein geschenk der farad gang, dezember 2015
dank für die begeistung, neugier, commitment und support… steffen albrecht, david bauer, johanna bosch-brasacchio, lutz braun, dirk breuer, julian breuer, bastian boss, niels reinke diecker, franziska diel, armin dierolf, jorge eilmess, lena marie emrich, niklas fanelsa, andreas und ulrike fecke, jesko fezer, anna viktoria diedrich, heike hübner, theresa kampmeier, helena kersting, anna kokalanova, matthias lüdemann, janine melcher, marcella möllinger, lies müller, fynn morten heyer, frank nickel, matthias platzeck, ralf poltier, regine priller, ina roemling, anselm schenkluhn, albrecht schäfer, sebastian schlüter, janine schubert, margitta schmitt- balau, nina von seckendorff, torben spiecker, larissa starke, marion schulze, liza swars, ferenc tracik, vlado velkov, kolja vennewald, friedericke wolf, stefanie wurster, dijana zoradana.